Berlin - Südende
Von Wolfgang Holtz

Südende ist einer der Berliner Ortsteile, der nicht aus einer mittelalterlichen Dorfgründung hervorgetreten, sondern 1872 nach Gründung einer Terraingesellschaft durch Verkauf von Grundstücken, die ehemals zwei Mariendorfer Bauern gehörten (ca. 90 ha), als Villenvorort im Landhausstil entstanden ist.

Südende gehörte bis 1920 zu Mariendorf im Kreise Teltow und ist dann klammheimlich Steglitz zugesprochen worden, weil die Bevölkerung von Anfang an mehr zum westlichen Nachbarn tendierte als zum großen Bruder Mariendorf.
Die abseitige Lage an eiszeitlichen Pfuhlen war direkt als idyllisch zu bezeichnen, so dass bis 1900 etwa 4000 meist Berliner hier ein neues Zuhause fanden und sich ausgesprochen wohl fühlten, was in einem Brief an ihren Freund Dieffenbach nicht nur Rosa Luxemburg schwärmerisch zum Ausdruck bringt.

Da Südende nie ein selbständiger Ortsteil war, gibt es so gut wie keine statistischen Angaben. Als bevorzugt konnte diese Gegend auch deshalb bezeichnet werden, weil die Bahnanbindung u.a. an Berlin hervorragend war und die große Anhalter Linie schon nach 1880 einen Bahnhof Südende besaß, der eine ausgesprochen zentrale Lage hatte. Zudem bestand die Möglichkeit, die seit 1875 nahegelegene Dresdener Strecke mit dem Bahnhof Mariendorf zu benutzen. Diese Dresdener Eisenbahnlinie war die östliche Begrenzung, die südliche wurde in etwa der 1906 fertiggestellte Teltowkanal, der keinen Meter durch das "feine" Südende gelegt wurde, obwohl sich die Pfuhl-Kette angeboten hätte. Der nördliche Bereich grenzt an Schöneberg zum Insulaner hin, die westliche Grenze verläuft parallel zum Munsterdamm.

Die Hauptstraße, der Steglitzer Damm, durchschneidet den Ortsteil von Ost nach West, es fährt eine Buslinie hindurch.
Da Südende als Landhauskolonie bezeichnet werden konnte, hatte bzw. hat es industriell überhaupt keine Bedeutung; allein die 1926-27 von Fritz Höger erbaute Parfümerie-Fabrik "Scherk" in der Kelchstraße 31 im Winkel zwischen den beiden Bahnlinien gelegen, bildet eine Ausnahme.

Südende ist am 23. August 1943 von britischen Bombern heimgesucht worden und zu ca. 85% zerstört worden, so dass der ursprüngliche Charakter nicht mehr erhalten werden konnte und ab 1960 eine unattraktive Neubebauung einsetzte und das Gewesene nur noch zu erahnen ist.
Die günstige Wohnlage zog einige Persönlichkeiten an:
Rosa Luxemburg (1877 - 1919),
Lindenstraße 2, heute Biberacher Weg 2
(Haus steht nicht mehr, wohnte von 1911 bis 1919 hier)
Günther Freiherr von Hünefeld (1892 - 1929), Ozeanflieger
Hermannstraße 6, heute Ellwanger Straße 9, Haus steht nicht mehr
Jochen Klepper (1903 - 1942), Schriftsteller
Karlstraße 6, heute Oehlertring 7 (Gedenktafel)
George Grosz (1893 - 1959), Bildender Künstler
Stephanstraße 15, Haus steht nicht mehr
Adolf Reichwein (1898 - 1944), Pädagoge, NS-Widerstand "Kreisauer Kreis"
Seestraße 7, heute Sohnreystraße 7, Haus steht nicht mehr

Wolfgang Holtz 10/2003