Die Berliner Gutsbesitzer - Teil B
Die Bötzows
(siehe auch Die Berliner Gutsbesitzer - Teil A - Büttner - Spiekermann)
Von Otto Behrendt
Noch mehr Land als Büttner und als das Kgl. Vorwerk hatten auf der Berliner Feldmark die Bötzows in Besitz. Von den 5226 Morgen 28 Quadratruten, welche Mencelius auf seinem Plan der Berliner Hufen als Gesamtackerfläche ohne die Weinbergsstücke berechnet, gehörten den Bötzows im Jahre 1822 allein 900 Morgen 15 Quadratruten. Dazu kamen noch die Erbpachtländereien des Dorotheen-Hospitals mit 153 Morgen 109 Quadratruten, sodaß die Bötzows 1053 Morgen 124 Quadratruten bewirtschafteten, also etwa 1/5 der ganzen Bodenfläche von der Frankfurter Allee bis zur Grenzstraße im Humboldthain.
Dieses Land gehörte den drei Brüdern Christoph Friedrich, Martin Ludwig, Johann Carl, ihrem Vetter Friedrich Wilhelm und der Witwe Bötzow geb. Damm. Die drei Erstgenannten waren Söhne des 1795 verstorbenen Johann Christian.
Ihr Großvater, Martin Bötzow der Ältere genannt, hatte im Siebenjährigen Kriege, 1760, große Ländereien auf der Feldmark Berlins aufgekauft, auch das Stammhaus der Bötzows Linienstraße 33 gegenüber der Straßburger Straße 1763 erworben. Er starb 1794. Friedrich Wilhelm Bötzow, Sohn Martins des Jüngeren, war auch ein Enkel Martin des Älteren, also ein Vater der drei anderen Bötzow.
Der Urgroßvater aller, Georg Bötzow, pachtete im Jahre 1720 als 32jähriger Mensch die Dorotheenhospital-Meierei, Bernauer Straße 61, in der jetzigen Neuen Königstraße.
Ein jüngerer Sohn desselben war Johann Michael Bötzow, dessen Witwe, geb. Damm, als vierte Besitzerin auf dem Hufenplan von Mencelius genannt ist.
Ihr Land lag westlich der Driesener Straße und zog sich bis an die Pankower Grenze in einem 35 Ruten breiten Streifen von 35 Morgen 176 Quadratruten hin. Ein bedeutend größeres Stück lag zwischen der Prenzlauer und Weißenseer Chaussee, jetzt Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße nördlich der Danziger Straße bis etwa zum Nordring. Dies umfaßte 118 Morgen 103 Quadratruten. Auf einem dritten ihr zugehörigen Grund und Boden steht jetzt das Krankenhaus Friedrichshain. Es hatte nur 13 Morgen 26 Quadratruten, sodaß ihr ganzer Besitz vier Hufennummern mit 167 Morgen 125 Quadratruten betrug.
An der westlichen Seite der Schönhauser Allee lagen die Besitzungen Friedrich Wilhelm Bötzows, ein Stück gegenüber dem Jüdischen Friedhof von der Wörther Straße bis an die Grundstücke der Schwedter Straße und das zweite nördlich der Gleimstraße bis zur Kopenhagener Straße zwischen Schönhauser Allee und dem nördlichen Teile der Schwedter Straße. Ersteres Stück betrug 51 Morgen 172 Quadratruten, letzteres 75 Morgen 47 Quadratruten. er hatte also auf der Feldmark 120 Morgen 39 Quadratruten Land.
Zu beiden Seiten der Prenzlauer Allee dehnten sich die Ländereien Christian Friedrich Bötzows aus, dessen Enkel der spätere Kommerzienrat und Brauereibesitzer Julius Bötzow war. Ihm gehörten nicht nur die Mühlengrundstücke, vier Hufen ehemaliger Weinbergstücke, die er 1809 von Johann Michael Bötzow, einem entfernteren Verwandten, kaufte, sondern auch alles Land, das sich nördlich der Metzer Straße, rechts und links der Weißenburger Straße vom Büttnerschen Feldweg nahe der Schönhauser Allee bis zur Prenzlauer Allee und zur Danziger Straße hin ausdehnte, auf dem heute noch der Wasserturm steht, im ganzen etwa 131 Morgen. Auch gehörte ihm der ganze Acker östlich der Prenzlauer Allee, nördlich der jetzigen Grellstraße jenseits der Bahn bis zur Weichbildgrenze von Pankow, östlich begrenzt von der jetzigen Hosemannstraße, westlich ein Büttnersches Stück auf zwei Seiten einschließend. Dieser Besitz war rund 164 Morgen groß, so daß das Ackerland des Christian Friedrich Bötzow etwa 265 Morgen umfaßte. In jedem der Stücke lag ein Teil der Hufe, die er von dem Dorotheenstädtischen Hospital in Erbpacht hatte, das eine Stück östlich der Weißenburger Straße zwischen Treskow- und Wörther Straße, das andere nördlich der Grellstraße zwischen Prenzlauer Allee und der Hosemannstraße. Beide Stücke umfaßten etwa 38 Morgen, davon das an der Weißenburger Straße 11 Morgen, das an der Prenzlauer Allee 27 Morgen.
Christian Friedrich Bötzow heiratete die Tochter des letzten Mühlenmeisters Passow, erbaute 1835 den Gutshof und die Brennerei am Prenzlauer Tor und starb 1855 im 73. Lebensjahre. Seine Witwe lebte noch bis 1868.
Die Brüder des Christian Friedrich Bötzow, Johann Carl Bötzow, gestorben 1829, und Martin Ludwig, der bis 1836 lebte, besaßen fast alles Land östlich der "Chaussee nach Weißensee" (Greifswalder Straße) bis zum "Verlorenen Weg (Straße Am Friedrichshain und Kniprodestraße), jetzt durchschnitten von der Bötzowstraße. In diesem Teile lagen auch die übrigen Hufen des Dorotheen-Hospitals. Eine Hufe (40 Morgen 101 Quadratruten) gehörte dem Johann Carl Bötzow, zwei andere Hufen (75 Morgen 42 Quadratruten) dem Martin Ludwig, so daß also die vier Hospitalhufen, die der Urgroßvater einst pachtete, etwa 152 Morgen Land umfaßten.
Johann Carl hatte außerdem 6 Hufen (220 Morgen), Martin Ludwig ebenfalls 6 Hufen (245 Morgen) im Besitz.
Johann Carl wohnte Linienstraße 1. Er hatte drei Söhne: Carl, Albert und Louis. Von Carl Bötzow stammt die Linie Gilka-Bötzow ab. Im Dezember 1919 wurde der Fideikommißbesitzer Gilka-Bötzow mit seinem Rentmeister Nöldner bei einem Prüfungsgange von dem Förster Specht erschossen. Letzterer erhielt am 9. Februar 1920 vom Schwurgericht in Glogau 15 Jahre Zuchthaus.
Albert Bötzow wohnte Neue Königstraße 18.
Von Louis Bötzow stammt die Stettiner Linie: der Staatsanwalt Carl Bötzow, der Gutsbesitzer Louis Bötzow und der Justizrat Richard Bötzow ab. Wie schon oben erwähnt, war der im Jahre 1914 verstorbene Kommerzienrat Julius Bötzow ein Enkel des Christian Friedrich Bötzow und ein Sohn des Julius Albert Bötzow, der das schöne Gutshaus Prenzlauer Allee 242 am Prenzlauer Tore bewohnte und 1873 starb.
Ein Bruder von Julius Hermann Bötzow besaß dann das väterliche Haus und wohnte bis zu seinem 1919 erfolgten Tode Matthäikirchstraße 31 b.
Julius Bötzow erbte von einem Verwandten, Franz Bötzow, das Haus Alte Schönhauser Straße 23/24 mit der daselbst befindlichen Brennerei, späteren Brauerei. Die Flaschenkellerei und später auch die Brauerei verlegte er nach dem Mühlenberg. Einige Zeit gehörte ihm auch das Krollsche Etablissement, ehe es in staatlichen Besitz überging. Er erhielt den Kommerzienrat-Titel und ist auf seinem Rittergut Drehna beigesetzt.
Er hinterließ zwei Söhne: Julius, geboren 1875, Hermann, geboren 1879, und drei Töchter. Ein Enkel des obengenannten an der Schönhauser Allee ansässigen Friedrich Wilhelm Bötzow ist Eduard Friedrich Bötzow, Kantstraße 43. Sein Vater war Wilhelm Eduard Bötzow, gestorben 1890. Söhne von Friedrich Bötzow sind Willi, Kurt und Fritz Bötzow.
Der Stammvater der heutigen Bötzows ist Georg Bötzow, Bernauer Straße 11, der 1720 die Dorotheenstädtische Hospitalmeierei pachtete.
Als Urahn bezeichnen die Bötzows den in alten Urkunden der Stadt Berlin vom 12. Juni 1284 und vom 24. Mai 1288 unterzeichneten Ratmann Nicolaus de Bötzow, der seinen Namen nach dem Ort Bötzow führte, dem jetzigen Oranienburg.
Erst im Jahre 1556 taucht wieder ein Bötzow mit dem später in der Familie forterbenden Vornamen Martin auf, der als Kurfürstlicher Silberdiener vom Kurfürsten Joachim II. ein Haus, Klosterstraße 88, geschenkt erhielt.
Im Jahre 1600 lebte ein Joachim Bötzow, dessen Söhne Joachim und Gottfried als Bürger von Berlin genannt werden.
1620 - 1650 stiftete ein Paul Bötzow Kirchenfenster in Lindenberg bei Berlin, und 1709 finden wir einen Martin Heinrich Bötzow als Advokaten verzeichnet.
Wie diese Bötzows verwandt waren, läßt sich zur Zeit nicht mit Sicherheit feststellen.
Der Name aber des angesehenen Altberliner Geschlechts der Bötzows spielt in der Entwicklungsgeschichte der Stadt Berlin eine bemerkenswerte Rolle und ist durch das vorzügliche Bier, welches der Hoflieferant Julius Bötzow auf dem früheren Mühlenberg brauen ließ, über Berlin hinaus bekannt geworden. Zu Ehren der Familie wurde auf dem Grund und Boden, der ihr seit mehr als 200 Jahren gehörte, eine Straße im Norden Berlins mit ihrem Namen bezeichnet.
Berichtigungen:
In den "Mitteilungen" 1921 Nr. 9 S. 35 lies: Die Altersversorgungsanstalt der jüdischen Gemeinde hat nichts zu tun mit deren von Moritz Reichenheim begründetem anderswo gelegenem Waisenhause, und das dem Friedhofe schräg gegenüberliegende Auerbachsche Waisenhaus für jüdische Kinder untersteht nicht der jüdischen Gemeinde. Ebendort ist zu lesen S. 35: Herr Richard Spiekermann wird die Bewirtschaftung des Rittergutes Rangsdorf bei Berlin erst nach dem Tode der Mutter, Frau Hauptmann Spiekermann, übernehmen.
Aus: "Mitteilungen" 38, 1921, S. 37-38.
Redaktion: Gerhild H. M. Komander 12/2003