16.02.1620 Schloß zu Cölln (Berlin) - 09.05.1688 Schloß zu Potsdam
Grabstätte: Dom zu Berlin

Tätigkeit: Landesherr der Mark Brandenburg
Gedenkorte in Berlin: Dom, Reiterdenkmal im Ehrenhof von Schloß Charlottenburg
Gedenkorte außerhalb Berlins: Schloß Caputh, Denkmal Eckernförde-Barby (Schleswig-Holstein)

Lebenslauf:
1634-38 Aufenthalt in den Vereinigten Niederlanden: in Leyden und am Hof des Prinzen Friedrich Heinrich von Nassau-Oranien im Haag (Den Haag)
1640 Friedrich Wilhelm wird Kurfürst
Er hält sich weitgehend in Kleve auf, wo er in der Schwanenburg residiert.
1646 Am 1. Juli Heirat mit Louise Henriette von Nassau-Oranien
Rückkehr nach Brandenburg und Beginn der Renovierung des Schlosses zu Berlin
1648 Der Friedensschluss (Westfälischer Frieden) bringt Brandenburg als Territorialgewinne Cammin, Minden und Halberstadt sowie die Anwartschaft auf Magdeburg.
1660 Souveränität des Herzogtums Preußen
1667 Tod der Kurfürstin
1668 Am 24. Juni Heirat mit Dorothea Herzogin von Holstein-Glücksburg, verw. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg
1674 Teilnahme am Reichskrieg gegen Frankreich
1675 Rückkehr nach Brandenburg
1675 Am 28. Juni Schlacht bei Fehrbellin und Vertreibung der Schweden
1686 Bündnis mit Habsburg
1685 Edikt von Potsdam

Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst
Als Kurfürst Georg Wilhelm am 1. Dezember 1640 starb, hinterließ er seinem Nachfolger ein bitteres Erbe. Die Bevölkerungsverluste der Mark Brandenburg betrugen bis zu fünfzig Prozent. Die kurfürstlichen Einnahmen, die ehemals 260 000 Taler betragen hatten, beliefen sich noch auf 35 000.

Der Dreißigjährige Krieg
Friedrich Wilhelm wendete die brandenburgische Außenpolitik sofort zu einer schwedenfreundlichen Politik und begann alsbald mit Friedensvorkehrungen, vor allem mit dem Truppenabbau. Nach vierjährigen Verhandlungen in Münster und Osnabrück wurde am 24.10.1648 der Westfälische Frieden geschlossen.
Der Gewinn für Brandenburg war gering:
Hinterpommern und Cammin
Bistümer Halberstadt und Minden
Grafschaft Hohenstein
Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg
Vorpommern ging entgegen den Erwartungen Friedrich Wilhelms an Schweden.
Der Westfälische Frieden bestätigte die Vorherrschaft Schwedens im Ostseeraum.

Die letzten Truppen zogen erst fünf Jahre später ab und auch das erst, als der Kurfürst den Abzug unter Vermittlung des Kaisers erkauft hatte. Brandenburg hatte noch Jahre über den Friedensschluss hinaus die Großmacht Schweden und deren wiederholte Übergriffe zu fürchten.

Der Schwedisch-Polnische Krieg 1656-1660
Als 1654 nach dem Thronverzicht Christinas von Schweden, der Cousine Friedrich Wilhelms, Karl X. Gustav auf den schwedischen Thron gelangte, waren die Friedensbemühungen des Kurfürsten zunichte gemacht. Er musste den schwedischen Soldaten auf ihrem Marsch nach Polen Durchzug durch Hinterpommern und Verpflegung gewähren und am 17. Januar 1656 die Anerkennung der schwedischen Lehnshoheit über Preußen hinnehmen.
Erst durch die Entscheidung in der Schlacht bei Warschau gelang es Friedrich Wilhelm, diese Demütigung rückgängig zu machen, da er an der Seite Karl X. Gustav die erste große Schlacht nach dem Dreißigjährigen Krieg mitgewonnen hatte. Im Vertrag von Labiau erfolgte daraufhin am 20. November 1656 der Verzicht Schwedens auf die preußische Lehnshoheit.

Für den Preis der endgültigen Loslösung Preußens von der polnischen Lehnshoheit wechselte Friedrich Wilhelm mit dem Vertrag von Wehlau am 19. September 1657 von der schwedischen auf die polnische Seite über. Am 3. Mai 1660 wurde der durch den Tod Karls X. Gustav begünstigte Frieden von Oliva geschlossen. Die Huldigung der preußischen Stände erfolgte am 18. Oktober 1663 in Königsberg.

Der Schwedisch-Brandenburgische Krieg 1674-79
Ende 1674 marschierten schwedische Truppen auf Veranlassung Frankreichs in die Uckermark ein. Die brandenburgische Armee befand sich noch in Franken, nachdem sie an der Seite der Vereinigten Niederlande an den Kämpfen gegen Frankreich teilgenommen hatte. Die Bevölkerung floh aus Angst vor den Greueltaten der heranziehenden Meute.
Im Juni 1675 trieb Feldmarschall Derfflinger die Schweden durch einen "kühnen Handstreich" auf Rathenow zur Flucht, worauf sie von den Brandenburgern unter Anführung des Kurfürsten bei Fehrbellin vernichtend geschlagen wurden.
Der Sieg von Fehrbellin übte eine verheerende Wirkung auf das Prestige Schwedens aus. Friedrich Wilhelm gewann dadurch den Beinamen "Der große Kurfürst". War schon die Nachricht von dem Ergebnis der Schlacht von Warschau in aller Munde gewesen, in ganz Europa mit dem Namen des Kurfürsten von Brandenburg verknüpft worden, wurde nun der Ruhm Friedrich Wilhelms begründet durch die "erste Schlacht von Bedeutung, welche die Brandenburger allein gewannen."

Mit diesem mehr moralischen denn politischen Sieg vollzog Friedrich Wilhelm den ersten Schritt zur endgültigen Vertreibung der Schweden aus brandenburgischem Gebiet. Die legendäre Jagd über das Kurische Haff im Winterfeldzug 1678/79 vollendete sie.
In einer Flugschrift, "Teutschlands wahrhaftes Interesse bei jetztigen Konjunkturen", stellte der Kurfürst Frankreich und Schweden als Feinde des Deutschen Reiches dar und lieferte Argumente für eine Revision des Westfälischen Friedens zugunsten des Kurfürstentums Brandenburg.

Innenpolitik
Von Kleve aus führte der junge Kurfürst zunächst seine Regierung und pflegte die Beziehungen in die Niederlande, in denen er zuvor gelebt und studiert hatte. Friedrich Wilhelm berief den Baumeister Johann Gregor Memhardt (1607-1678), der schon seinem Vater gedient hatte, zum kurfürstlichen Ingenieur. Als ersten Auftrag erhielt er die Verbesserung der Befestigungen der Schwanenburg. Die Besitzungen des jungen Kurfürsten mußten geschützt werden.

1646 kehrte Friedrich Wilhelm in die Mark zurück. Nachdem die Verhandlungen über eine Heirat mit seiner Cousine Christina von Schweden erfolglos gewesen waren, hielt er mit Erfolg um die Hand der ältesten Tochter eines der mächtigsten und angesehensten Fürstenpaares Europas an:
Louise Henriette von Nassau-Oranien, Tochter des Statthalters der Niederlande Prinz Friedrich Heinrich und der Amalie von Solms-Braunfels. Die Hochzeit fand am 27. November 1646 in Den Haag statt.

Steuern für den Wiederaufbau
Die Präsenz Schwedens als kurbrandenburgischer Nachbar prägte die Geschicke des Landes während der gesamten Regierungszeit Friedrich Wilhelms.
Aus diesem Grund widmete der Kurfürst sich vor allem dem Ausbau seiner Residenzstadt Berlin-Cölln zur Garnison und Festung, dem Aufbau des Heeres und erst dann den Maßnahmen zur Behebung der Kriegsschäden seines Landes.
Neue Steuern für die notwendigsten Hilsmaßnahmen lasteten schwer auf der Bevölkerung. Die "Kontribution" diente dem Aufbau der Armee, einem stehenden Heer nach niederländischem Vorbild organisiert. Die "Akzise" betraf sowohl Genußmittel wie Bier, Wein, Branntwein und Tabak als auch fast alle Güter des täglichen Bedarfs. Scharfe Kontrollen und teilweise Abgabenfreiheit für den Adel verärgerten Bauern und Bürger sehr.
Der Einzug in das wieder hergerichtete Berliner Schloß im Jahre 1652 bedeutete die endgültige Rückverlegung des Hofes nach Berlin.

Dieses Ereignis mag dem Repräsentationswillen des Kurfürsten genüge getan haben, für das wirtschaftliche und kulturelle Leben Berlins bedeutete es zunächst gar nichts.

Die militärische Reorganisation Brandenburgs ging folgerichtig einher mit der Schaffung eines stehenden Heeres, für das Friedrich Wilhelm die Bewilligung der Kosten von Adel und Städten erzwang. Um dieses Heer zu versorgen und zu verwalten, entstand als erste landesweite Verwaltungsstruktur das Generalkriegskommissariat mit Sitz in Berlin. Das war der Beginn des Aufbaus eines modernen Staates mit zentraler das heißt absolutistischer Verwaltung.

Holland in der Mark - der wirtschaftliche und kulturelle Aufbau
Das enge Verhältnis Friedrich Wilhelms zu den Niederlanden wurde die wirtschaftliche und kulturelle Grundlage für den Wiederaufbau der Mark Brandenburg. Verwandtschaftliche Beziehungen bestanden bereits vor der Heirat mit Louise Henriette: Der Kurfürst war mütterlicherseits Urenkel des legendären Wilhelm I. von Oranien.
Die rheinischen Beziehungen, insbesondere Kleve, spielten eine herausragende Rolle bei der Vermittlung von Künstlern und künstlerischen Anregungen sowie technischen und landwirtschaftlichen Neuerungen. Zu den vordringlichen Aufgaben gehörten der Bau von Festungen, Schleusen und Mühlen, die Erneuerung und Neuanlage von Verkehrswegen und Wohnhäusern.

Niederländer siedelten in den Bruchlandschaften an Elbe, Havel und Oder, deren Landwirtschaft und Erschließung vor allem durch neue Wasserwege gefördert wurde - wiederum nach niederländischem Vorbild. Die erneut ins Land gerufenen niederländischen Siedler führten die modernsten Methoden von Obst- und Gemüseanbau und der Milch-Wirtschaft ein.
1668 war der Friedrich-Wilhelm-Kanal fertiggestellt, der Oder und Spree miteinander verband und von überragender Bedeutung auch für den Handel wurde.

Später kümmerte sich Friedrich Wilhelm intensiv um die repräsentative Architektur und die bildenden Künste. Von knapp fünfzig Baumeistern, Ingenieuren und Künstlern, die nachweisbar für den kurbrandenburgischen Hof arbeiteten, kamen zwei Fünftel aus den Niederlanden, zwei Fünftel aus deutschen Ländern, die übrigen -ab 1685- aus Frankreich und aus der Schweiz. Niederländische Handwerker brachten auch die "Fayencebäckerei" in der Mark zur Blüte.

Der Festungsbau
Der Festungsbau von Berlin verschlang einen Großteil der Steuern. Als Hauptstadt des Landes bedurfte Berlin dieses Schutzes. Schließlich wollte der Kurfürst nicht - wie zuvor sein Vater - gezwungen sein, vor der Bedrohung durch fremde Heere zu fliehen.
Die Festung Berlin wurde 1658 begonnen und 1683 vollendet. Der Kurfürst beriet persönlich die Grundzüge der Bauten, die Planung wurde Johann Gregor Memhardt übertragen.

Die Festungsbauten umfassten Berlin, Cölln und Friedrichswerder (1662 zur dritten Residenzstadt erhoben) und waren in "Niederländische Manier" errichtet, das heißt in einer Weiterentwicklung des italienischen Festungsbaus: Da in den Niederlanden Steine fehlten, nutzte man Wasser und Erde, die reichlich vorhanden waren, um massive Erdschanzen, zum Teil mit Ziegeln verkleidet, aufzubauen. Die Bastionen waren darauf ausgerichtet, möglichst dichtes Kreuzfeuer zu ermöglichen. Doch ständig waren Modernisierungen notwendig, da die Entwicklung der Kriegstechnik schnell voranschritt.

Die Berliner Festung war stets eine der modernsten ihrer Zeit, musste aber nie einer wirklichen Feuerprobe standhalten. 1746 ließ Friedrich II. die Festungsanlage abtragen, zu früh, denn so konnten 1757 österreichische und 1760 russische Truppen Berlin ungehindert besetzen.

1680 fiel Magdeburg endgültig an Brandenburg. Der Kurfürst zwang die Stadt zur Aufnahme einer Garnison und ließ umgehend mit dem Bau einer Festung beginnen, die bereits seit 1666 geplant war. Seit 1667 mußte die Stadt einen Teil des Elbzolles dazu bereitstellen.

Johann Moritz von Nassau-Siegen 1604 - 1679
Neben dem Kurfürsten selbst gehörten Louise Henriette von Nassau-Oranien und Johann Moritz von Nassau-Siegen zu den wichtigsten Vermittlern niederländischer Kultur. Johann Moritz war ein Großneffe Wilhelms I. von Oranien. 1636 übernahm er das Generalgouvernement von Holländisch-Brasilien, wo er sich auch als Naturhistoriker und Ethnograph betätigte.

1647 setzte Friedrich Wilhelm ihn als Statthalter in Kleve, Mark und Minden (1658) ein. Gleichzeitig blieb Johann Moritz niederländischer Kommandant der rechtsrheinischen Festungen und war dadurch der Garant für die Stabilität der westlichen Territorien Brandenburgs.Aber mehr noch: Der Ausbau seiner statthalterlichen Residenz Kleve auf den modernsten Stand wurde gestalterisches Vorbild nicht nur für Friedrich Wilhelm. Johann Moritz erlangte weitreichende Bedeutung für die Verbreitung der klassizistischen Architektur Andrea Palladios nördlich der Alpen und für die Verbreitung der Idee der künstlerischen Gestaltung der Landschaft. Sein Wohnhaus Mauritshuis in Den Haag gilt als der erste Bau auf der Grundlage der italienischen Architekturtheorie.

Dass Kurfürst Friedrich Wilhelm ihn auch erfolgreich als Herrenmeister des Johanniterordens vorschlug, brachte niederländische Kultur bis weit in die Neumark hinein. Die Baumeister Henrik Ruse, der wichtigste Mitbegründer der niederländischen Festungstechnik, und Cornelis Ryckwaert kamen auf Vermittlung des Statthalters nach Brandenburg.

Auch die Maler Jan de Baen, Govert Flinck, Pieter Nason, Fran‡ois Dieussart und der Bildhauer Bartholomäus Eggers arbeiteten für den brandenburgischen Hof, weil Johann Moritz dafür sorgte.

Der Kurfürst bevorzugte unter allen Künsten die Malerei. Bildnisse der kurfürstlichen Familie, Historien aller Art, Stilleben, Jagdszenen und Marinebilder waren ihm - ganz in niederländischer Tradition - die liebsten Themen. Ausgeführt wurden sie in der Mehrzahl von niederländischen oder niederländisch geschulten Künstlern. Einheimische Maler waren eine Seltenheit. Nichteinheimische Künstler bereiteten den "Kulturboden" vor.

Die Marine und die Kolonien
Reichtum und Macht der Niederlande basierten auf Seehandel und Kolonialbesitz. Auch hier wollte Friedrich Wilhelm seinem Vorbild nacheifern, gründete eine Handelskompanie (1647), erwarb Schiffe und ließ an der Küste Guineas die Niederlassung Großfriedrichsburg errichten.

1676 setzte er den niederländischen Kapitän Benjamin Raule als brandenburgischen Schiffsdirektor ein, der später zum "General-Direktor der Marine" ernannt wurde.

Mit der Hilfe niederländischer Schiffsbaumeister ließ Friedrich Wilhelm in Havelberg und sogar in Berlin hochseetüchtige Schiffe bauen, die zum Kaperkrieg, zum Seehandel und zum Kolonialerwerb genutzt wurden.

Die Marinekameradschaft Havelberg ist noch heute so stolz auf diese Vergangenheit, daß sie sich seit 1998 "MK Benjamin Raule Havelberg" nennt und die kurfürstliche Werft des 17. Jahrhunderts als Museumswerft neu erstehen lassen will.

Doch den überseeischen Unternehmungen des Kurfürsten war kein Glück beschieden. Wirtschaftlicher Erfolg stellte sich nicht ein. Die Brandenburger wurden keine Seefahrer.

Eigene Unternehmungen und Kontakte zu niederländischen Geschäftsleuten vermittelten aber Wissen und Interesse an fremden Kulturen auch bei Friedrich Wilhelms Nachfolger, was sich in den Kunstsammlungen der Kurfürsten von Brandenburg niederschlug.

Die Kunstkammer
So erstand die brandenburgische Kunstkammer erneut.
Zur repräsentativen Ausstattung eines Fürstenhauses gehörte seit der Renaissance eine Kunstkammer, die man sich als eine Art Raritätenkabinett vorstellen kann. Die Anfänge der brandenburgischen Kunstkammer im 16. Jahrhundert zerstörte der Dreißigjährige Krieg.

Friedrich Wilhelm war der erste Kurfürst Brandenburgs, der Kontakte zu China herstellte. Schon als Student hatte er seinen Eltern ostasiatisches Kunstgewerbe zum Geschenk gemacht, wie aus seinen Briefen hervorgeht. Die Sammlung ostasiatischer Bücher war so groß, dass 1683 ein Bibliotheks-Katalog angefertigt wurde. Die Kunstkammer, von der schon 1665 Memhardt auf Geheiß des Kurfürsten ein Inventar anlegte, enthielt Waffen, Gewänder, "Seegewächse", Kunsthandwerk, Gefäße aus Rhinozeroshorn, Speckstein und Jade und anderes mehr.

Die Erwerbungen des Großen Kurfürsten bildeten den Grundstock für das Ostasiatische Museum in Berlin, dessen wertvollste Sammlungen zu den Kriegsverlusten zählen.Die wenigen Überreste befinden sich heute im Ostasiatischen Museum und im Museum für Völkerkunde.

Schloss Berlin
Der Architektur, die in Berlin und Brandenburg während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ganz unter niederländischem Einfluß stand, galt Friedrich Wilhelms erstes Interesse, da er seinem über die Landesgrenzen hinaus stetig größer werdenden Ansehen ein im Innern entsprechendes Aussehen verleihen wollte. Dieser recht bescheidene Repräsentationswille des Kurfürsten konzentrierte sich zunächst auf das kurfürstliche Schloss in Berlin.

Schloss und Lustgarten waren bei der Ankunft des Kurfürstenpaares in Berlin vollkommen verwahrlost. Man ließ das Schloss zunächst nur reparieren und kurfürstliche Wohnräume herrichten. Louise Henriette fügte diesen Zimmern eine Kapelle an, die sie von Johann Gregor Memhardt gestalten ließ.

1679-80 entstanden neue Privatzimmer für den Kurfürsten. Vorher hatte Friedrich Wilhelm wohl im Turm Kurfürst Friedrichs II. gewohnt, die Kurfürstin bewohnte den Spreeflügel. Die Staatsgemächern lagen an der Ecke von Spree- und Lustgartenflügel, zwischen Apotheke und Herzoginhaus.

Der Ausbau einer kompletten Privatwohnung hing mit dem Ausbau des Absolutismus zusammen: In den Privatzimmern war man ungestört, in den Staatszimmern bestanden Repräsentationpflicht und strenges Zeremoniell. Nur bestimmte Hofleute und Würdenträger hatten Anspruch auf Zutritt.

1681-85 wurde auf Geheiß des Kurfürsten der Alabastersaal im Querflügel auf dem altem Torgebäude errichtet, äußerlich nur durch hohe Fenster auffallend: Der Innenraum erhielt eine architektonische Gliederung mit korinthischen Pilastern, Stuck und Malereien an der gewölbten Decke. Nischen- und Tür- beziehungsweise Fensterachsen wechselten einander ab.

In den Nischen fanden Statuen, Werke von Bartholomäus Eggers, 1687 vollendet, ihren Platz. Eggers gehörte zu den den prominentesten Vertretern der niederländischen Bildhauerschule. Zwölf Marmorfiguren der Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern, wobei die zwölfte für Friedrich III. (I.) erst unter dessen Regierung hinzugefügt wurde.
Die Stirnwandnischen schmückten vier Kaiserstatuen: Cäsar, Alexander den Großen, Kaiser Konstantin den Großen und Rudolf von Habsburg wurden ausgewählt, da Friedrich Wilhelm diese besonders schätzte.
Die Besinnung Friedrich Wilhelms auf die Ahnen aus den eigenen Reihen und darüberhinaus auf selbst gewählte Vorbilder der antiken und mittelalterlichen Welt bezeugt nicht nur ein allgemeines historisches Interesse.
Eine Art Gleichstellung und das eigene Fortkommen, die Erhöhung seines Ansehens sollte demonstriert werden, indem der Kurfürst das eigene Abbild nicht nur in die Reihe seiner Ahnen stellen ließ, sondern auch neben anerkannt große Persönlichkeiten vergangener Zeiten.

Der Lustgarten
Ein Lustgarten war seit der Zeit des Kurfürsten Friedrich II. vorhanden. Er umfasste etwa den Bereich des heutigen Lustgartens. Erste Darstellungen des Gartens entstanden erst unter Friedrich Wilhelm. Die Spitze der Spreeinsel kam dem Festungsbau zugute.

Aus dieser Zeit stammt auch die Anlage der Straße Unter den Linden, die das Schloss mit dem Tiergarten verband. Regelmäßige Gartenstücke umzogen von Wassergräben beherbergten Blumen, Heil- und Nutzpflanzen.

Einen großen Garten mit Heil- und Nutzpflanzen legte Friedrich Wilhelm auch im Dorf Schöneberg an, wo er Guts- und Dorfherr war (an der Stelle des Kleistparks und etwas darüber hinaus).

Der Lustgarten am Schloss erhielt ein Lusthaus, erbaut von Memhardt, außerhalb der Gartenmauern ein Ballhaus am Münzturm, eine Grotte und eine Orangerie, die Johann Arnold Nering 1685 in der Bastion auf der Inselspitze platzierte.
1687 wurde ein neuer Galerieflügel begonnen, der Bildergalerie, neue Staatsappartements und die Bibliothek aufnehmen sollte. Der Bau wurde nie vollendet. Die Vorderwand des Erdgeschosses blieb stehen und wurde von Friedrich II. für den Neubau des Domes verwendet.

Das Schloss Potsdam

Wichtiger als das Berliner Schloss scheinen dem Kurfürsten Stadt und Schloss Potsdam gewesen zu sein. 1660 übergab er die "Potsdammische Sache" Otto von Schwerin, der den Rückkauf aus Verpfändung übernahm. Zwischen 1660 und 1664 wurden Bornim, Caputh, Bornstedt und andere Ländereien erworben, 1680 Glienicke.

Die entscheidenden Anregungen kamen wiederum von Johann Moritz. Von ihm stammt der Satz "Das ganze Eiland muß ein Paradies werden".
Das Vorbild war Kleve.
Das Motiv für den Erwerb so vieler Gebäude und Grundstücke war wohl die Jagdleidenschaft des Kurfürsten. 1661 fertigte Johann Moritz Entwürfe für die Anlage der Stadt an. Er schickte dem Kurfürsten Architektur- und Gartenbücher, nach denen Friedrich Wilhelm eigenhändig das Schloss entwarf.
Aktenbelege für den Schloßbau gibt es nicht. Es kann nur rekonstruiert werden.
Philipp de Chièze, oft als Baumeister des Schlosses genannt, war kein Architekt, sondern Beauftragter für Bausachen des Kurfürsten.
Die Ausführung der kurfürstlichen Pläne übernahm wohl Johann Gregor Memhardt, wie eine Folge von 16 Kupferstichen von Johann Gottfried Bartsch nach Zeichnungen von Memhardt vermuten läßt.

Das Corps de logis entstand aus dem Umbau des Schlosses, das Kurfürstin Katharina hatte erbauen lassen. 1679 wurden unter der Leitung von Michel Matthias Smids die Seitenflügel um das Doppelte verlängert und mit einer Bogengalerie geschlossen,
um einen größeren Hofstaat aufzunehmen, da sich Friedrich Wilhelm immer häufiger in Potsdam aufhielt.
1677 erhielt der Lustgarten ein "Kabinett", von Michael Döbel errichtet. 1660/61 folgte die Orangerie von Memhardt und 1685 deren Neubau von Johann Arnold Nering.

Weitere Schlösser entstanden in Schwedt und Caputh für Kurfürstin Dorothea, in Köpenick für den Kurprinzen Karl Emil - nach dessen Tod ging es an seinen jüngeren Bruder Friedrich (III.) -, und in Glienicke das gleichnamige Jagdschloss von François Dieussart.

Die Réfugiés
Am 8. November 1685 beantwortete Kurfürst Friedrich Wilhelm die religiöse Intoleranz Ludwigs XIV. mit seinem Edikt von Potsdam. Es gewährte den in Frankreich seit der Aufhebung des Ediktes von Nantes am 18. Oktober desselben Jahres verfolgten Hugenotten Aufnahme in Brandenburg.
Der Hugenotte Charles Ancillon würdigte in seinem 1690 erschienenen Buch "Die Geschichte der Niederlassung der Réfugiés in den Staaten seiner Kurfürstlichen Hoheit von Brandenburg" die Ereignisse nach 1685:
"Die Widerrufung des Ediktes von Nantes, die aufsehenerregende Tat Louis' XIV., veranlaßte grausame Verfolgungen und Flucht aus dem Lande. Das Edikt des Kurfürsten schützte und entschädigte die Flüchtlinge. Wie Kälte und Hitze, Krankheit und Gesundheit, so werden diese beiden Edikte immer Gegensätze bleiben. (...) Der Kurfürst hat auch durch sein Edikt die Reformierten aufgefordert, an seinen Gnadenbeweisen und Wohltaten teilzunehmen.
Viele von ihnen konnten seinem Ruf nicht folgen, bei manchen, die gekommen sind, war die Not nicht so groß, so daß sie nicht auf die Unterstützungen angewiesen waren, andere haben Unterstützung und Förderung in weitestem Maße empfangen. Es gab auch einige, die sich hier nicht wohl fühlten und wieder auswanderten. Alle aber sind gleichermaßen verpflichtet, dem Kurfürsten zu danken und ihn zu verehren. Der Name dieses Helden muß ewig in den Herzen aller Reformierten fortleben. Gott, der ihn mit der größten Frömmigkeit ausgezeichnet hat, der ihm die Kraft eines Cäsar, das Glück eines Alexander und die Güte eines Trajan verliehen hat, möge ihm eine lange und glückliche Regierungszeit geben."
Handwerker und Kaufleute, Künstler, Gelehrte und Mediziner trafen in Berlin ein.
Nach Jahrzehnten eines zögernden Aufschwungs, erlangten die staatlichen Fabriken und das Handwerk durch Friedrich Wilhelms "Peuplierungspolitik" größere Bedeutung, die sich letztlich als von unschätzbarem Wert erwies.

Samuel Pufendorf
Nicht nur Franzosen und Niederländer waren nach Brandenburg gekommen.
Am Ende seiner Regierungszeit berief Friedrich Wilhelm den sächsischen Juristen und Historiker Samuel Pufendorf als Hofhistoriographen nach Berlin. In Anlehnung an das Vokabular Pufendorfs hielt Friedrich Wilhelm das "Gesetz der Natur" für das "Band der menschlichen Gesellschaft" und für einen Grundsatz von Toleranz und Humanität.
Der zuvor als Hofhistoriograph und Staatssekretär in schwedischen Diensten stehende Pufendorf sah sich dort zunehmenden Anfeindungen der lutherischen Orthodoxie ausgesetzt. Pufendorf entwickelte das den aufgeklärten Absolutismus prägende System der Staatslehre und des Vernunftsrechts, verschmolz humanistische Ideale der Menschenwürde und Freiheit mit den neuen Lebensgesetzen des Staates:
Staatsräson und Souveränität wurden eingebunden in eine Pflichtenlehre, die Recht und Moral scharf voneinander abgrenzte. Hinzu trat ein durch das Naturrecht begründetes Völkerrecht, das aus der Würde des Menschen die natrliche Gleichheit aller Menschen erschloß.
Die Lehre Pufendorfs behielt bis in das Zeitalter Immanuel Kants einen beherrschenden Einfluss. Durch seinen Schüler Christian Thomasius wurde sie weiter entwickelt und erhielt Einflussmöglichkeiten auf den brandenburgisch-preußischen Staat.
Auch in der Biographie Friedrich Wilhelms und der seines Gegners Karl Gustav von Schweden wird die von der Aufklärung beeinflußte Grundhaltung Pufendorfs deutlich sichtbar. Distanziert beschreibt Pufendorf die Ereignisse, Kriege und stets sich neu formierenden Bündnisse, ohne den einen Fürsten in ein ungleich besseres Licht zu setzen als den anderen.
Mit Samuel Pufendorf erhielt die Aufklärung Eingang in Brandenburg-Preußen, gestützt und gefördert von Friedrich Wilhelm. Seine Biographie König Karl Gustavs erschien 1696 in Nürnberg, in deutscher Fassung 1697. Die Biographie "Friedrich Wilhelms des Großen Kurfürsten Leben und Taten" bereits im Jahre 1696.

Unter Friedrich Wilhelm war der kurfürstliche Hof das Zentrum der Kurmark Brandenburg geworden. Die Funktion der Stadt Berlin-Cölln als Hauptstadt wurde fortan, solange die Hohenzollern regierten, nicht mehr angefochten. Die Einwohnerzahl hatte sich von 1648 bis zum Tode des Kurfürsten 1688 mehr als verdreifacht.
Die "Geschichte der Kunst in der Mark Brandenburg" blieb bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts ausschließlich eine Geschichte der Beziehungen, welche die Hohenzollern zu den bildenden Künstlern unterhielten. Die kurfürstlich-königlichen Residenzen in Berlin und Potsdam gaben fortan Maßstab und Anregung für die kulturelle Entfaltung Brandenburg-Preußens.

Literatur:
Ernst Opgenoorth: Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst von Brandenburg, Göttingen / Frankfurt a. M. / Zürich 1971.
Barbara Beuys: Der Große Kurfürst. Der Mann, der Preußen schuf, Reinbek 1979.
Der Große Kurfürst. Sammler, Bauherr, Mäzen, Katalog, hg. von den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci, Potsdam 1988.
Helmut Börsch-Supan: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, Berlin 1980.
Hans-Joachim Neumann: Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst. Der Sieger von Fehrbellin, Berlin 1995. - Rezension von Christiane Knop, in: MVGB 92, 1996, 2, S, 65.
Gerhild H. M. Komander: Der Wandel des "Sehepuncktes". Die Geschichte Brandenburg-Preußens in der Graphik von 1648-1810, Münster und Hamburg 1995.
Onder den Oranje Boom. Niederländische Kunst und Kultur im 17. und 18. jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen, Katalog, 2 Bde., München 1999.
Literatur in den Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins:
Hans-Joachim Neumann: "Der Herr ist meine Stärke". Medizinhistorische Studie über den Großen Kurfürsten, in: MVGB 91, 1995, 4, S. 449-458.

* Dieser Text ist die redigierte Fassung eines Vortrags aus der Reihe "Die Hohenzollern. Geschichte und Kunst einer Dynastie", gehalten in den Jahren 2000 und 2001 an Berliner Volkshochschulen und für den Verein für die Geschichte Berlins.
Gerhild H. M. 12/2004