Georg Friedrich Krug
2.9.1812 - 1893 Berlin Grabstätte: Jerusalem-Kirchhof
Georg Friedrich Krug
Genealogie des Stadtrats und Stadtältesten
Von Werner Becker
Genealogisch lässt sich die Ahnenreihe des Georg Friedrich Krug bis ins beginnende 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Das Kirchenbuch der Gemeinde Kappe nennt einen Johann Caspar Krug als ersten dieser Familie. Geburts-, Tauf- oder Copulationseintragungen gibt es nicht. Aus der Todesbeurkundung ist als Geburtsjahr 1740 zu errechnen.
Das ursprüngliche Kolonistendorf Cappe (auch Capphaus, auf der Cappe, Salzcappe) befindet sich in waldreicher Gegend um Berlin, etwa sieben Kilometer von Zehdenick entfernt. Bekannter ist das nahegelegene Templin. Erste Bemühungen, den Waldreichtum zu nutzen, das Land zu besiedeln, begannen unter Kurfürst Friedrich Wilhelm. Ein enger Vertrauter desselben, Jobst Gerhard von Hertefeld aus dem Cleveschen, begann die großräumige Erschließung des Bruchgebietes nordöstlich von Oranienburg um 1650/51. Arbeitskräfte aus seiner Heimat und aus Holland wurden angesiedelt. Der Freiherr nutzte sie zu Meliorationsarbeiten und für eine geregelte Forstwirtschaft.
Die verlustreichen Kriege, die Friedrich II. um den Besitz von Schlesien führte, machten es etwa 1755 erneut notwendig, Ansiedler ins Brandenburgische Land zu holen. Gegen den Widerstand des Landadels befahl der König die Neuaufsiedlung der wüsten Feldmarken. Auch "auf der Cappe" wurden 53 Kolonisten angesiedelt.[1]
In einem "Actum im Frey-Schultzen-Gerichte zu Neu-Holland" wurde am 22. Juni 1765 auf geschrieben, dass die abgesandten Beschwerdeführer der Kolonisten aus Cappe "Vor-Aeltern" hätten, die im "vorigen secuto als ausländische Erbpächter angesetzt" worden waren. In dieser Niederschrift von den Gerichtsverhandlungen sind die Kolonisten nicht namentlich genannt. In den zum Vorgang gehörenden weiteren Papieren geschieht diese Auflistung einmal: Johann Caspar Krug wird benannt.
Da wir aus dem Kirchenbuch keine eindeutige Aussage über seine Herkunft erhalten, muss es offen bleiben, wann die Krugs angesiedelt worden sind. Eindeutig ist bestätigt, dass Johann Caspar eine Erbzinsverschreibung erhalten hat. Zu dieser gehörten die Hälfte eines Doppelhauses, ebenso zwei Morgen Land ("Kohlland") und fünf Morgen Wiese als Eigentum. Eigentum an Haus und Land und die Befreiung von allen Abgaben oder Leistungen waren zu jener Zeit noch nicht üblich. Sie sind die Besonderheiten in der rechtlichen Stellung der Kolonisten auf der Cappe.
Offensichtlich war Johann Caspar ein angesehener Mitbewohner, der danach strebte, seinen Besitz zu vermehren: seinen Hausteil und das Land verpachtete er, ging selbst vorübergehend nach Liebenwalde und erwarb dort die Bürgerrechte. Er war zweimal verheiratet, in jeder Ehe wurden zwei Kinder geboren, darunter zwei Jungen: Georg David im Jahr 1781 und Christian Friedrich 1790. Eine Tochter verstarb dreiundzwanzigjährig und unverheiratet. Nach den Eintragungen im Kirchenbuch sind die Eheleute in Kappe gestorben und beigesetzt worden.[2]
Die Chronik der Kirchengemeinde vermerkt zum beginnenden 19. Jahrhundert, die Kapper seien "größtenteils arme Leute" gewesen. Das Hauptmotiv der Kolonistenansiedlung, die Waldarbeiten zu befördern, blieb lange Zeit entsprechend dem natürlichen Angebot der bestimmende Erwerbszweig. Jungen Leuten boten sich im Ort und in der Umgebung keine Entwicklungsmöglichkeiten. Es verwundert also nicht, dass der erstgeborene Sohn, Georg David, der Anziehungskraft der Stadt Berlin nachgab und dorthin auswanderte. Auch in Berlin hatte es sich zunächst deutlich ausgewirkt, dass das Staatswesen Friedrichs II. nach den verlustreichen schlesischen Kriegen in jeder Beziehung erschöpft war.
Die nachfolgende Hungerkrise von 1770/72 verstärkte die Misere. Nur ganz allmählich kam es zu verbesserten Verhältnissen in Berlin. Die Einwohnerzahl betrug 1763 rund 125.000. Bis 1789 steigerte sie sich auf 150.000. In den achtziger Jahren verstärkte sich der Aufschwung; die Wirtschaftsstruktur veränderte sich, das soziale Gefüge demzufolge auch, und die Finanzschwäche konnte abgebaut werden.
Am Schiffbauerdamm 17, gegenüber der Laufbrücke über die Spree, das war die erste Anschrift des jungen Mannes aus Kappe in unserer Stadt. Von 1801 an präsentierte er sich als Butterhändler und Eigentümer des Hauses in den Berliner Adressbüchern. Der nunmehr Zwanzigjährige muss also von den Eltern mit einem ansehnlichen Startkapital ausgestattet worden sein. Georg David hatte die bürgerschaftlichen Rechte erworben und war um 1810 Mitglied der Innung der Butterhändler.
Sechzehn, bis dahin unzünftige Händler hatten bei Friedrich Wilhelm I. das Privileg erreicht, mit Butter und Käse - auch im großen - zu handeln. Er wollte den Bezug von Butter aus Ostpreußen verstärkt sehen. Deshalb war das Privileg an die Bedingung geknüpft, ostpreußische Butter zu übernehmen. Hierzu verpflichteten die Händler sich. Viele Jahre bemühten sie sich um die Anerkennung als Innung. Erst 1769, sie hatten schon zweimal die Ausfertigungsgebühren bezahlt, erlangten sie die Rechte.
Damals gehörten dieser Innung 27 Mitglieder in Berlin an. Die Unterscheidung zwischen privilegierten Butter- und konzessionierten Victualienhändlern brachte viele Streitigkeiten, besonders da Letztere argumentierten, zur Versorgung der Residenz mit Butter sei eine besondere Innung nicht nötig, das sei ohnehin nur Detailhandel mit Victualien.[3] Über den Verbrauch von Butter - insbesondere den der einzelnen Gesellschaftsschichten - liegen wenig Angaben vor.
Ein Grund dafür ist ersichtlich aus dem folgenden Zitat aus dem Kochbuch der Henriette Davidis: "Gute Butter gibt selbstredend den meisten Speisen den feinsten Geschmack, ist aber auch, besonders frisch gebraucht, das teuerste Fett. Es wird daher dem haushälterischen Sinne angemessen sein, auf eine vernünftige Weise darin zu sparen und Ersatzmittel zu Hülfe zu nehmen".[4]
Napoleon III. regte die Suche nach einem billigeren Butterersatz durch einen ausgeschriebenen Wettbewerb an. Das erste Margarineprodukt wurde in Frankreich 1867/69 hergestellt.[5] Die für die Versorgung der Stadt Berlin nötige Menge an Butter kam überwiegend aus Brandenburg. Für den hiesigen Händler waren persönliche Verbindungen der verschiedensten Art dorthin sehr vorteilhaft. Die Handelsbeziehungen nach Brandenburg erweiterten sich für den Berliner Butterhändler Krug mit den Einkaufsmöglichkeiten, die sich durch seine Eheschließung ergaben.
1811 heiratete Georg David Krug Marie Dorothee Lorenz in ihrem Geburtsort Kremmen, unweit von Oranienburg. Der Ehemann ist im Kirchenbuch der St. Nicolai-Gemeinde als "Kaufmann, Cop. Butterhändler" und als "Berliner Bürger" beurkundet. Als Vater der Braut ist Christian Lohrentz, "Reuter bei dem Weyherrschen Regiment" eingetragen.[6] Andere Kirchenbucheintragungen weisen ihn als "Altmeister des Maurerhandwerks" aus.
Der Wohnsitz der Familie und der Hausbesitz wechselten: zum Neuen Markt 13, zur Spandauer Straße 37[7] und schließlich zur Krausenstraße 41, wo Georg David bis zu seinem Tode lebte. Die Butterhändler-Familie suchte offensichtlich in der Nähe der Verkehrsstraße Spree zu bleiben. Zeitweise waren es mindesten zwei Immobilien, deren Eigentümer Georg David Krug war. Das waren Häuser mit vermietbaren Wohnungen. Im Souterrain des Hauses, im Hof oder in den dazu gehörenden Schuppen befanden sich die Gewerberäume dieser Häuser.
In den Grundbüchern von einigen anderen Häusern im Kern der Stadt waren Darlehen, Hypotheken von Georg David, in späteren Jahren zugunsten des Sohnes eingetragen. Wir fanden solche Eintragungen beispielsweise auf die Neue Friedrichstraße 74 und die Neue Friedrichstraße 77.[8] Ganz gewiss Ausdruck preußischer Kaufmannstugenden: achtsamer Umgang mit dem kleinsten Gewinn und ehrbare, Ertrag bringende Verwendung desselben.
Einziges Kind von Marie Dorothee und Georg David Krug blieb der am 2. September 1812 geborene Sohn Georg Friedrich. Er kam in Berlin zur Welt. Die Eltern wohnten damals Molkenmarkt [9], der Vater war der Hauseigentümer.
Über das Kindes- und Jugendalter von Georg Friedrich Krug wissen wir wenig. Das elterliche Haus befand sich zu der Zeit am Neuen Markt 13. Seine schulische und berufliche Ausbildung war nicht näher zu ermitteln. Es wäre spekulativ, anzunehmen, dass er das Friedrichs-Werdersche Gymnasium besucht hätte, weil er in seinem Testament ein Legat für diese Schule ausgesetzt hat. Denn er bedachte auch die Charlottenschule.
Mit einem Lehrer an dieser Anstalt, Dr. H. Ferdinand Otto und dessen Familie, war er im Alter eng befreundet. Else Otto, die Tochter dieser Familie war sein Patenkind. Wir müssen vielmehr davon ausgehen, dass seine langjährige Tätigkeit als Mitglied der Schuldeputation des Magistrats persönliche Beziehungen ergab, die diese Zuwendungen zur Folge hatten. Ebenso ergebnislos blieb die Suche nach Fakten über seine kaufmännische Ausbildung. Dass er sie erfahren und abgeschlossen hat, wird dadurch nachgewiesen, dass er in die Kaufmanns- bzw. Butterhändler-Gilde aufgenommen worden ist. Die Voraussetzung für die Gildezugehörigkeit war der Ausbildungsabschluss. Außerdem ist der Bürgerbrief für Georg Friedrich, datiert vom 30.3.1836, für den Kaufmann Krug ausgestellt worden.
Im Alter von sechsundzwanzig Jahren wurde Krug bereits Mitglied der zweiten Armen-Kommission, in der folgenden Amtsperiode Vorsteher dieser Kommission. Wenige Monate zuvor war er zum Schiedsmann gewählt worden. Zusätzlich war er in dieser Zeit Prüfungs-Kommissar bei der Friedrich-Wilhelms-Anstalt und Service-Verordneter. In der Funktion des Service-Verordneten war er als Kommunalbeamter Vorsitzender der Kommission für Militärangelegenheiten. In dieser Tätigkeit unterstand ihm die Musterung von Menschen und Pferden, die Bearbeitung von Anträgen auf Freistellungen vom Militärdienst, die Organisation von Feierlichkeiten, etwa aus Anlass der Rückkehr des Königs aus dem Felde, und anderes mehr.[9]
In dieser Lebensphase heiratete Georg Friedrich Krug. Er fand seine zukünftige Frau unweit der Krugschen Wohnung und Handlung: Auguste Charlotte Hirschfeldt wohnte bei ihren Eltern in der Neuen Friedrichstraße 77.[10] Vorbesitzer des Hauses war ein Viktualienhändler Gabbe, dem Vater Krug mit einem Darlehen aus einer misslichen finanziellen Situation geholfen hatte. Dessen junge Witwe und Erbin heiratete den Kaufmann Christian Samuel Hirschfeldt. Sie wurden Georg Friedrichs Schwiegereltern.
Die engen familiären Bindungen hielten bis zum Ableben der einzelnen Personen. Im gemeinsamen Erbbegräbnis Krug-Hirschfeldt auf dem Jerusalems-Kirchhof in der Belle-Alliance-Straße 9 (heute Mehringdamm) fanden sie ihre letzte Ruhestätte. Auguste Charlotte Krug starb 1853 an der Cholera und wurde nicht im Erbbegräbnis beigesetzt. Für den Vater wie für den Sohn war das ein schwerer Schicksalsschlag.
Krug senior zog sich aus dem Geschäftsleben zurück und lebte fortan in der Krausenstraße 41 (Berlin-Mitte). Der Junior führte nun sein eigenes Geschäft, eröffnete in der Burgstraße 29 eine "Berlinische Butterhandlung", betrieb den Handel en gros. Das folgende Jahrzehnt verlief geschäftlich erfolgreich. Georg Friedrichs Einsatz für die Benachteiligten und Armen steigerte seinen Bekanntheitsgrad.[11] So ist es nicht verwunderlich, dass er bei den Wahlen 1846 im 46. Bezirk zum Stadtverordneten gewählt wurde.
Zum gesellschaftlichen Leben in jener Zeit gehörte auch die Mitgliedschaft in Vereinen. Trotz seiner vielfachen Verpflichtungen in den kommunalen Ämtern und in der beruflichen Arbeit wurde Georg Friedrich 1838 Mitglied in der Berliner-Bürger-Schützen-Gilde. König Friedrich Wilhelm III. hatte am 6.11.1837 ein Statut für die Schützengilde unterzeichnet, welches faktisch eine Bestätigung in neuer Organisation, unter Beibehaltung früherer Gebräuche und Rechte darstellte. 1841 kam noch ein "Reglement" hinzu, welches vom Minister des Innern und den Berliner Magistrat als nächste Aufsichtsbehörde erteilt wurde.[12]
Es war eine Tradition - nicht nur der Berliner Bürger -, sich zu Schießübungen und zur geselligen Erholung zu versammeln. Das genannte Statut manifestierte das Recht, im Falle des Bedürfnisses die Bürger zu "Communal-, Wacht- und Militär-Transportdiensten, sowie zur Verteidigung der Stadt" zu verpfl ichten. Im März 1848 veröffentlichte die "National-Zeitung" eine Bekanntmachung zur Bürgerbewaffnung, die auch von Krug unterschrieben war.[13] Nach § 15 des Statuts wurden die Repräsentanten in den Generalversammlungen auf vier Jahre durch Ballotage gewählt.[14]
Georg Friedrich Krug wurde vor 1848 Vorstandsmitglied und Commandeur der Schützengilde. Neben den Veranstaltungen auf den Schießplätzen, Preisschießen um den Titel Schützenkönig gab es eine Vielzahl von Bällen, Abonnements-Familien-Kränzchen und andere regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen. Abordnungen der Gilde reisten zu den Schießveranstaltungen und Festen von Gilden in anderen Orten. 1849 reiste eine Deputation mit der Fahne zu einem Kreis-, Königs- und Prämienschießen nach Havelberg, angeführt von den Herren Krug und Finger. Es ging in diesem Jahr nach Aschersleben, Potsdam, Grabow und Charlottenburg. Die Kontakte der Schützengilden bestanden nicht nur in der Teilnahme an Festen und Veranstaltungen. Beispielsweise wurde in Spandau im März 1848 eine Sammlung veranstaltet.
Der eingenommene Geldbetrag von 300 Talern für die Hinterbliebenen der Märzgefallenen wurde nach Berlin an den "Schützengilde-Vorsteher Krug" überbracht.[15]
1852 gab Georg Friedrich den Butterhandel auf, er lebte fortan als Rentier, um sich völlig dem Dienst an seiner Stadt Berlin und deren benachteiligten armen Bürgern zu widmen. Er war damals vierzig Jahre alt. Georg David hatte von 1826 an seinen und seiner Frau Heimatorte bedeutende Geldbeträge als Stiftungen und Spenden gegeben. Das Bethaus in Kappe erhielt von ihm einen Altar, ein gusseisernes Kruzifix, zwei gusseiserne Leuchter und Abendmahlsgeräte. Der Sohn setzte im Gedenken an seine Eltern diese Stiftungen fort.
Georg Friedrich Krug wurde von der Stadtverordnetenversammlung zum unbesoldeten Stadtrat gewählt. Diese Wahl erfolgte für eine Amtsperiode von sechs Jahren. 89 Stadtverordnete gaben in der Versammlung vom 26.6.1856 ihre Stimmen ab. Davon entfielen 57 auf Krug, 19 erhielt der Stadtverordnete Glaue, elf der Rentier Wiesenthal und zwei der Stadtrat Gravenhorst. Der schriftliche Amtseid Krugs ist vom 6.1.1857 datiert, dem Zeitpunkt nach der Allerhöchsten Bestätigung der Wahl durch die königliche Regierung und der Amtseinführung durch den Oberbürgermeister.[16]
Es ist eine auf die Verfassung begründete Treueerklärung an Staat und Stadt, "aus allen meinen Kräften und ohne alle 23 Nebenrücksichten" . Eine Verpflichtung, die sein Leben kennzeichnete. Nach der Steinschen Städteordnung von 1808 entstanden in Berlin als Verwaltungsorgane der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung. Danach gab es den Oberbürgermeister, Bürgermeister, besoldete und unbesoldete Stadträte. Im Bedarfsfall wurden zur Lösung von Aufgaben Deputationen gebildet.
Die Stadträte, besoldete wie unbesoldete, hatten die gleichen Pflichten und Rechte, sie vertraten sich erforderlichenfalls gegenseitig. Das Magistratskollegium tagte nicht öffentlich, die Stadtverordnetenversammlung trat in der Öffentlichkeit stärker in Erscheinung. Der Magistrat wurde durch die Stadtverordnetenversammlung gewählt, die ihrerseits aus einer Wahl der Stadtbewohner, die Bürgerrechte besaßen, hervorging.
Die kommunalen Strukturen von 1853 änderten sich erst mit der Bildung des Zweckverbandes Berlin bzw. 1920 mit dem "Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin" . Der unbesoldete Stadtrat Krug war unter anderem: Mitglied der Gewerbedeputation, Mitglied der Schuldeputation (dabei auch für die Schwesternausbildung und -prüfung zuständig), Mitglied des Kuratoriums des Hospitals zum Heiligen Geist, General-Feuerherr, d.i. verantwortlich für die Feuer-Versicherungstaxen und Schadensschätzungen, Kommissar für die Musterungs- und Aushebungsgeschäfte.
Ebenso war er neben anderem Assessor (Vertreter des Magistrats) im Vorstand der Stiftung Männer-Siechenhaus in der Schönhauser Allee, desgleichen in den Vorständen der Raschmacher- (Wollweber) und der Korbmacher- Gilden.[17] Die Rasch- und Zeugmacher- und die Korbmacher-Innungen ernannten Georg Friedrich Krug zu ihrem Ehrenmeister, worauf er besonders stolz gewesen ist, was bei einigen Gelegenheiten zum Ausdruck kam.[18] Besonders das erstgenannte Gewerk setzte sich immer wieder dafür ein, dass er nach dem Ausscheiden aus dem Magistrat an Geburts- und Gedenktagen öffentlich geehrt wurde. Ein Überrest alter Zunftbräuche war das "Fliegenfest" der Zeug- und Raschmacher, welches in Pankow gefeiert wurde.
Der Verlag Rütten & Loening, Berlin publizierte 1954 einen Band "Berliner Leben 1806-1854: Erinnerungen und Berichte".
Darin enthalten ist nach Heinrich Rollers "Humoristische Erinnerungen" eine Schilderung des Wollwirker-"Fliegen"-Festes:
"Dieses Fest fand, als Gegenstück zum "Mottenfest" der Tuchmacher, das alljährlich in Lichtenberg begangen wurde, in Pankow statt. Alljährlich im Juli machte sich der Zug auf den Weg durch die Schönhauser Allee. Es ist durchaus denkbar, dass die Ehrenmeister als Ehrengäste mitfuhren. In Equipagen, die im Innern den reichsten Damenflor bargen oder richtiger zeigten, die Meister in blauer oder grüner "Leibklinke" mit blanken Knöpfen oder doch wenigstens im dreißigjährigen Hochzeits-, nunmehr Sonntagsnachmittags-Ausgehrock und die verkleideten Gesellen als eine Art Leibjäger hinten auf den Kutschen, die damals noch alle ein breites Trittbrett für zwei Diener hatten, ging der Festzug vonstatten. Das war ein bunter Korso, der sich so gegen zwei Uhr nachmittags zum Schönhauser Tor nach Pankow hinauswälzte; der als Affe verkleidete Diener auf dem letzten Wagen deutete schon mit einer gewissen Bonhomie untrüglich an, was das Ende vom Liede bei diesem Festesein werde. die ganze Schönhauser Allee (war) eine einzige Feststraße; Girlanden, Kränze mit Inschriften, Triumphbogen und Ehrenpforten empfingen den Festkorso überall. Von Lokal zu Lokal Station machend, unzählige Weiße vertilgend, die jungfräulichen Meistertöchter in den Tanzsälen herzhaft schwenkend, so ging es durch die ganze prächtige Allee bis zum Linderschen Lokal, wo das unvermeidliche Familien-Kaffeekochen, Tanz, Gesang, Bänkelsängerei, Fahnenspiele und allerlei Belustigungen losging. Spät in der Nacht, teilweise erst gegen Morgen kamen die "Fliegen" mit ihrem Affen wieder heim."[19]
Seit 1865, dem Gründungsjahr des Vereins, war Georg Friedrich Krug Mitglied im "Verein für die Geschichte Berlins". Am 13.3.1869 hielt er dort einen Vortrag über "Die Altertümer und Denkwürdigkeiten der Schützengilde".
An die Berliner Stadtbibliothek wurde 1955 vom Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut beim ZK der SED ein Album übergeben, das sich in einer nicht näher bezeichneten Bibliothek befunden haben soll. Es ist ein etwa 30 × 50 cm großes in Leder eingebundenes und mit Metallbeschlägen versehenes Album, hergestellt vom königlichen Hofbuchbinder Schwarz in der Friedrichstraße 72.
Das Titelblatt nennt den 31.12.1862, jenen Tag, an dem Dr. Heinrich Wilhelm Krausnick (1797-1882) aus dem Amt des Oberbürgermeisters endgültig ausschied. Es sollte eine Erinnerungsgabe an ihn sein von Bürgermeister Hedemann und dem Magistratskollegium, also den Stadtältesten und Stadträten, die mit ihm zusammen gearbeitet hatten. Das zweite Blatt zeigt allegorische weibliche Figuren, es folgt ein Blatt mit der Abbildung des Rathauses und danach mit dessen Neubau von 1861. Blatt 6 bis 47 zeigen fotografische Porträts der Kollegiums-Mitglieder. Darunter auf Blatt 39 den Stadtrat Georg Friedrich Krug. Der mit diesem Band geehrte Krausnick hat akribisch-genau auf der jeweiligen Rückseite neben den Namen der der abgebildeten Personen handschriftlich die Geburts- und Sterbedaten der Betreffenden nachgetragen, solange er letztere miterlebte.
Der Handschrift, mit der die Eintragungen gemacht worden sind, ist deutlich abzulesen, dass der Schreibende immer älter wird - insgesamt ein starker Ausdruck von Verbundenheit mit ihnen und tätiger Stolz auf dieses Geschenk.[20] Das in dem Band enthaltene Foto von Georg Friedrich Krug zeigt den etwa fünfzigjährigen Mann. Auf dem dieser Niederschrift beigegebenen Foto trägt er die Ritterorden, die ihm 1866 und 1872 verliehen worden sind: den Kronen- und den Roten Adler-Orden.[21]
Im Februar 1862 richtete Krug einen Antrag an das Königliche Polizeipräsidium, Um- und Erweiterungsbauten für das Grundstück in der Bellevuestraße (Berlin literarisch: Bethge)2 am Tiergarten zu genehmigen. Er hatte das Grundstück gekauft und ließ vom Atelier für Architektur Ende & Böckmann und dem Bildhauer Bransch die Bauarbeiten vornehmen. Die Architekten waren in Berlin bekannt und errichteten zahlreiche Bauten in der Stadt, Villen und Wohnhausbauten, meist in Form der deutschen Renaissance.[22] Krugs Haus in der Bellevuestraße wurde um zehn Meter in der Tiefe und zwei Etagen in die Höhe erweitert. Es bekam einen Mittelrisalit und Figurenschmuck, sowie einen Seitenflügel, der vier Etagen hoch war. Pferdestall, Wagenremise und Kutscherwohnung wurden hinzugefügt. Im großen Gartengelände entstanden eine Kegelbahn, eine Sommerveranda mit erhöhten Sitzmöglichkeiten und ein Pavillon für schlechteres Wetter.
Der am 27. Januar beantragte Erlaubnisschein wurde gegen eine Gebühr von 5 Talern und 10 Groschen am 14. Februar desselben Jahres erteilt. Im April des darauffolgenden Jahres bezog das Ehepaar den Neubau. 1865 war das Haus offenbar voll vermietet: neben dem Eigentümer-Ehepaar und dem Personal wohnten darin zwei Witwen, ein Kaufmann, ein Bankier, ein Partikulier,[23] ein Buchhalter, ein Bote. Die Anzahl der zum Haushalt gehörenden Personen war nicht zu ermitteln.
Die Bellevuestraße (Berlin literarisch: Bethge) war bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts mit Land- und vornehmen Mietshäusern bebaut. Die Landhäuser verschwanden in der hier betrachteten Zeitspanne zunehmend, durch Aus- und Umbauten wurden andere Nutzungsformen dominierend. Die Nähe des Potsdamer Platzes trug entscheidend dazu bei, dass die Bellevuestraße bis 1933 immer mehr zu einem reinen Geschäftsviertel wurde. Im Zweiten Weltkrieg bis auf eine Ausnahme zerstört, gehörten danach die Hausnummern 1-10 zum Stadtbezirk Mitte.
Die Grundstücke Bellevuestraße (Berlin literarisch: Bethge)1 und 2 wurden 1929 bis 1933 neu bebaut. Das sogenannte "Columbus-Haus" entstand hier. Das Ehepaar Krug verlebte in dieser luxuriösen Häuslichkeit eine Reihe schöner Jahre, wenngleich der Stadtrat zunehmend auf Anraten des Hausarztes Medicinalrat Dr. Ludwig Ruge aus Steglitz, Beymestraße 18, wegen seines Gesundheitszustandes Urlaube und Kuren antreten musste.
Mit Ablauf des Jahres 1874 schied Krug aus dem Magistratskollegium aus. Er war 18 Jahre in diesem Amt tätig, insgesamt 36 Jahre ununterbrochen für seine Vaterstadt tätig gewesen. Im Januar 1875 wurde ihm der Ehrentitel eines Stadtältesten verliehen. Am 16. Januar 1876 starb seine Ehefrau und wurde - wie schon der Vater von Georg Friedrich im Erbbegräbnis auf dem Jerusalems-Kirchhof in der Belle-Alliance-Straße 97 (heute Mehringdamm) beigesetzt.
Zwölf lange Jahre lebte der Witwer allein. Wir gehen davon aus, dass die spätere zweite Ehefrau seine Betreuung übernommen hatte. Beide heirateten 1888. Da gab es bereits standesamtliche Trauungen. Die kirchliche Zeremonie für den 74jährigen und seine 64jährige Braut fand im Hause statt durch den Prediger Braun von der nahegelegenen St. Matthäus-Kirche. Ein gemeinsames, wechselseitiges Testament hinterlegte das Paar drei Monate später beim Königlichen Amtsgericht I, ein Jahr später einen Nachtrag hierzu.[24]
Im September 1888 veranlasste das Raschmachergewerbe, dessen Assessor Krug viele Jahre lang gewesen war, anlässlich des fünfzigsten Jahrestages seiner kommunalen Laufbahn eine neuerliche Ehrung des Stadtältesten. Nicht nur die Haude & Spenersche Zeitung berichtete hierüber ausführlich. Seiner veröffentlichten Danksagung entstammt der folgende Satz: "So tief rührt mich jetzt in meinem leider nicht mehr zur Leistungsfähigkeit geeigneten Alter doch bei meinen vorgesetzten Behörden noch nicht erloschene Erinnerung an das Wenige was ich aus Liebe zu unserem Gemeinwesen so gerne und eifrig zu leisten versucht hab, aber doch nicht so, wie es mein Wunsch war zu leisten vermochte."[25]
Im 81. Lebensjahr endete das in obigem Sinne erfüllte Leben des Georg Friedrich Krug. Er wurde im Erbbegräbnis beigesetzt.[26] 1905 starb seine Frau während eines Kuraufenthaltes in Bad Harzburg. Sie wurde in Berlin beigesetzt. Am 13. September 1905 fand die Testamentseröffnung statt. Als Testamentsvollstrecker und Nachlass-Kuratoren waren von den Erblassern der königliche Major z.D. Freiherr Herrmann zu Puttlitz und der Bankier Herrmann Rauff vom Bankhaus Rauff & Knorr in der Behrenstraße 35 eingesetzt. Die Kuratoren hatten ihre Beschlüsse gemeinschaftlich zu fassen oder als Obmann einen Rechtsverständigen hinzuzuziehen. Als ein solcher zur Klärung strittiger Fragen notwendig wurde, beauftragten sie den Geheimen Justizrat und Rechtsanwalt beim Berliner Landgericht I, August von Simson mit einem Gutachten zum Testament.[27]
Für die Annahme des Krugschen Erbes war zunächst die Stadtverordnetenversammlung zuständig, sie überwachte als Kontrollorgan die mit der Annahme eintretenden Verbindlichkeiten für das Erbe. Nachdem Magistrat und Stadtverordnetenversammlung am 25. Januar 1906 das Erbe angenommen hatten, wurde eine gemischte Deputation gebildet für die Ausführung der Testamentsbestimmungen. Die landesherrliche Genehmigung wurde vom Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg 1907 erteilt. Zuvor waren zwei Entscheidungen notwendig: im Testament nicht bedachte, sich jedoch für hilfsbedürftig haltende Seitenverwandte der Erblasser hatten sich auf dem Gnadenwege um eine Abfindung an den Oberpräsidenten gewandt. Dieser zog eine Allerhöchste Kabinettsordre von 1834 heran, um für wirklich hilfsbedürftige Verwandte einen Ausgleich genehmigen zu können.
Vorher waren weit über zwanzig eingehende Untersuchungen der Bedürftigkeit erfolgt. Diese sind vielfach Beschreibungen von Menschen-, Familienschicksalen, wie sie als Romanvorlagen geeignet erscheinen; die Formulierungen der Erblasser in ihrem letzten Willen, das Anwesen in der Bellevuestraße (Berlin literarisch: Bethge) möchte zur Wohnung werden für repräsentative Magistratspersonen wie den Oberbürgermeister, führte zu hitzigen Debatten auch in der Öffentlichkeit: ob und für welchen Mietpreis der höchste Beamte des Gemeinwesens städtischen, also allen Bürgern gehörenden Besitz, als Wohnung erhalten solle. Im Ergebnis wurde der Verkauf des Objektes jedoch beschlossen. Das erwähnte Gutachten des Geheimrats von Simson trug dazu ebenso bei, wie die Schilderung von Gesprächen mit den Verstorbenen zu diesem Fakt durch die Testamentsvollstrecker. Die genannten zwei Streitpunkte waren erst 1920 geklärt. Das zuständige Magistratsorgan hatte nach der Erbschaftsannahme das Haus vermietet, um Mieteinnahmen zu erzielen. Es waren längerfristige Mietverträge, sie brachten höhere Erträge.
Die Bellevuestraße (Berlin literarisch: Bethge)2 beherbergte nacheinander das "Grand Hotel Berlin", das "Grand Hotel Bellevue" und das "Tiergarten Hotel", diente der Kriegsleder AG als Domizil, war "Restaurant Zum Schultheiß", bot der englischen und französischen Gesandtschaft 1920- 1922 Geschäftsräume, danach der Interalliierten Kontrollkommissionen und wieder einem Hotelbetrieb. Zum Verkauf konnte es rechtmäßig erst nach der Inflationszeit kommen. Das Grundbuch datiert die Eigentumsveränderungsanzeige zugunsten der Canada-Land-Company (danach umfirmiert in Bellevue-Immobilien AG) vom 2.10.1929.[28] Der Kaufbetrag nennt einen Gesamtkaufpreis von über drei Millionen Reichsmark.
Die langjährigen Mieteinnahmen, die erzielt werden konnten, sind in anderen Berichten mit weiterem Millionenbetrag beziffert. Zum Erbvermögen gehörten außerdem Erlöse aus Hypotheken und anderen Anlagen, Sparbüchern etc. Dieses Geld wurde umgehend für im Testament ausgeschriebene Legate an das Hauspersonal, befreundete Personen und Einrichtungen und die Geburtsorte der Eltern Kappe und Kremmen genutzt. Letztere erhielten je 30.000 Mark. Der Grundstückskaufpreis wurde von der neuen Eigentümerin zum geringsten Teil in Geldform gezahlt, dem Magistrat wurde für den größeren Restbetrag Bauland in Reichswährung überlassen.
In seinem Testament hatte Georg Friedrich Krug auch die Errichtung eines Altenheimes verfügt. Dazu kaufte der Magistrat von der preußischen Forstverwaltung ein Grundstück für 230.000 Reichsmark. Ausdrücklich ist im Kaufvertrag vermerkt, dass das Grundstück nur zur Verwirklichung des Krugschen Testaments genutzt werden dürfe, denn die preußische Regierung und der Magistrat von Berlin würdigten die Gemeinnützigkeit der Stiftung mit einem niedrigen Kaufpreis für das Areal. Die Stiftung "Altersheim Schönholzer Heide", liebevoll auch "Das Städtchen der Alten" genannt, stand seit 1930 unter dem Kuratorium des jeweiligen Oberbürgermeisters, nach 1945 dem Magistrat von Berlin, Abteilung Arbeit, Hauptsozialamt, Stiftungen.
1930 berichtete die Rundschau für den Berliner Norden "Die Quelle" in Heft 53 ihren Lesern: "Das neu errichtete Städtische Altersheim in der Schönholzer Heide zu Niederschönhausen wird mit dem heutigen 1. Juli seiner Bestimmung übergeben. Zurzeit sind dort sechs Wohnhäuser fertiggestellt, die alle im gleichen Stil gebaut und der Umgebung angepasst sind. Sie bestehen aus einem Erdgeschoss, einem ersten Stockwerk und einem Dachgeschoss. Zu dem Altersheim gehört ferner ein Rendantenhaus und ein Saalgebäude, das zu Versammlungszwecken dienen soll. Die Errichtung weiterer vier Wohnhäuser in kürzester Zeit ist beabsichtigt. Die Mittel zur Errichtung dieses "Städtchens der Alten" sind aus städtischen Stiftungsgeldern, besonders aus dem Vermögen der Krugstiftung aufgebracht worden. Aufgenommen werden in Einzelwohnungen, die aus Stube und anschließender Küche bestehen, 116 Ehepaare und alleinstehende Männer und Frauen. Die nach allen neuzeitlichen Erfahrungen eingerichteten, mit Zentralheizung, elektrischem Licht, Gaskochvorrichtung und Warmwasserheizung versehenen Wohnungen machen einen freundlichen Eindruck."
Das Heideland wurde von der Podbielskistraße (heute Heinrich-Mann-Straße), der auch heute noch Cottastraße benannten Parallelstraße zum Bürgerpark und der Danckelmann-Straße (heute Leonhard-Frank-Straße) begrenzt. 1930 erarbeitete der Ausschuss für das Stiftungswesen das erste Statut. Als Eintrittsgeld in die Stiftung wurden 1000 Reichsmark, für Eheleute 1500 Reichsmark festgelegt. Dafür gewährte das Altersheim a) freie Wohnung, b) freie Heizung, c) freies Licht, d) freies Kochgas, e) freien ärztlichen Beistand durch en Anstaltsarzt und freie Arznei, f) ein angemessenes Begräbnis, falls dies nicht von anderer Seite veranlasst wird. Für Beköstigung, Kleidung, Wäsche und die Reinhaltung der Wohnräume hatte jeder selbst zu sorgen. Die Architekten Professor Paul Mebes und sein Schwager Regierungsbaumeister Paul Emmerich hatten die Gebäude in die Heidelandschaft integriert.
Die Unterbringung von insgesamt 290 Bewohnern war möglich. Eine Zahl, die fast immer erreicht wurde. Der Anteil der weiblichen Bewohner überwog in den jährlichen Statistiken. Fünf Dienstwohnungen für Heizer, Schwestern und anderes Personal waren vorhanden, Verwaltungsräume nebst Wohnung für den Rendanten, Pförtnerwohnung und ein Saal von 150 qm für gemeinsame Veranstaltungen und kirchliche Andachten.
In jeder Etage waren die Wohnungen durch einen Mittelflur in Ost-West-Lage gebracht. An den Südgiebeln wurden weitverglaste Erker mit Schiebefenstern vorgebaut, die geräumige Tagesräume bildeten. Für den Sommer boten große Gartenflächen Platz, bei schlechtem Wetter dienten vier große verglaste Lauben Kommunikationsmöglichkeiten. Am Nordende jedes Blocks waren Bäder und ein Geräteraum zusammengefasst. Überall waren Massivdecken (Ackermann- und Trogbalkendecken) ausgeführt.
Die Wohnräume hatten Riemenfußböden auf Lagerhölzern, die Bäder und die Waschräume in jeder Wohnung Fliesen-, alle übrigen Räume Linoleumbelag. Jedes Haus hatte Eingangslauben. Mebes und Emmerichs Markenzeichen waren neben der kostengünstigen Bauweise, Wärme- und Schalldämmung die Einbeziehung von Kunst am Bau. Heute noch zu sehen an vielen ihrer Gebäude, die erhalten geblieben sind, wie beispielsweise in Pankow an der Grabbeallee. Im Altersheim waren die Sitzecken der Erker mit Wandmalereien von Ilse Mebes und anderen gestaltet. Wann diese hier übertüncht worden sind, war nicht in Erfahrung zu bringen.
1945 beschlagnahmten die sowjetischen Besatzungstruppen die gesamte Anlage. Die Bewohner mussten kurzfristig ausziehen. Teile zuerst und dann das ganze Gelände wurden 1947 von der Sowjetischen Militäradministration an die Deutsche Verwaltung des Innern in der sowjetischen Besatzungszone übergeben. Zum Präsidium dieser Verwaltung des Innern gehörten der Präsident Reschke und die Vizepräsidenten Wagner, Seifert und Mielke.[29]
Es wurde eine Höhere Polizeischule in dem ehemaligen Altersheim eingerichtet mit einer Kapazität von 400 Lehrgangsteilnehmern. Mit einer Dauer von sechs Monaten wurden Aufstiegs- und Beförderungslehrgänge durchgeführt, Nachschulungslehrgänge und solche zur Heranbildung von Fachlehrern dauerten drei Monate. 1958 übernahm die Parteihochschule "Karl Marx" der SED die Verwaltung und Nutzung des Grundstückes. Sowohl von der Höheren Polizeischule als auch von der Parteihochschule wurde an den Magistrat Miete gezahlt.
Noch in den letzten Jahren der Existenz der DDR wurden aus Parteimitteln werterhöhende Maßnahmen von rund neun Millionen Mark der DDR vorgenommen. Fotos, die das belegen, sind im Bildarchiv der SAPMO30 vorhanden: Fotos von ausgezeichneten Arbeitskollektiven des Internats, von der Übergabe des Heizhauses und des Neubaus eines Internatsgebäudes an der Heinrich-Mann-Straße sowie von den rekonstruierten Häusern und den reichhaltigen Neuanpflanzungen im Gelände. Jedes Haus erhielt zu dieser Zeit den Namen eines bekannten Antifaschisten, wie Olga Benario- Prestes, John Scheer und anderen.
Heute, so ist es in der Satzung festgelegt, ist die Stiftung eine Einrichtung für altersgerechtes Wohnen. Sie wird schrittweise entsprechend den testamentarischen Verfügungen des Stifters Georg Friedrich Krug unter modernen Gesichtspunkten weiterentwickelt.
Anmerkungen
1. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Pr. Br. Rep. 2 D 20478 und Rep. 2 D 20481: Ansetzung von Kolonisten auf der Kappe und Beschwerde einiger Kolonisten auf der Kappe.
2. Kirchenbuch der Gemeinde Kappe beim Pfarramt Groß Dölln.
3. Wiedfeldt: Statistische Studien zur Entwicklungsgeschichte der Berliner Industrie 1720 bis 1890.
4. H. Mege-Mouries (1817-1880) knetete Rindertalg mit Milch durch. Nach der Erfindung der Fetthärtung konnte der Rindertalg durch Pflanzenöle ersetzt werden. Am 12. Juli 1887 erging ein Gesetz durch den Reichstag, das den Verkehr mit Ersatzmitteln von Butter im Sinne eines Nahrungsmittelgesetzes regelte.
5. Kochbuch der Henriette Davidis.
6. Generalmajor von Wexherr war von 1778 bis 1782 Chef des Kürassier-Regiments Nr. 2. Die Standorte des Regiments waren unter anderem in Zehdenick, Wusterhausen, Perleberg, Kremmen. In den Schlesischen Kriegen waren die preußischen Prinzen August Wilhelm bzw. Heinrich nacheinander die Chefs des Regiments. Vgl. Die Kriege Friedrichs des Großen, hg. vom Großen Generalstab, Abt. Kriegsgeschichte., Bd. 1-13, Berlin 1890-1914.
7. Unweit hiervon befand sich ein Gasthof, der "Ruppiner Hof". Bis in die achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts fuhren hier täglich Personen-Omnibusse nach Kremmen, Ruppin und andere Ortschaften. Abbildung in: Berlin wird Weltstadt. Photographien von Albert F. Schwartz, Leipzig 1981.
8. Lüdicke, Reinhard: Geschichte der Berliner Stadtgrundstücke seit der Einführung der Grundbücher Ende des 17. Jahrhunderts: nach den Hypotheken- und Grundbüchern bearb. von Reinhard Lüdicke, Berlin 1933. Gesamttitel: Berliner Häuserbuch.
9. Landesarchiv Berlin, E Rep. 200-28 Acc. 2675.
10. Der Vater der jungen Frau war Jude. Die im Rathaus Pankow spurlos verschwundene Akte über die Stiftung soll mit einem roten J gekennzeichnet gewesen sein.
11. Mehrere Hervorhebungen im "Communalblatt", in der "Haude & Spenerschen" und in der "Vossischen Zeitung" sowie in den Verleihungsunterlagen der General-Ordens-Kommission im Geheimen Staatsarchiv PK, Rep. 89 H.IV. No. 14, Vol. 6 2.2.1.
12. Landesarchiv Berlin, E Rep. 200-28 Acc. 2675.
13. "National-Zeitung", Morgenblatt vom 19. 3. 1848.
14. Als Ballotage bezeichnete man die Abstimmung durch Abgabe einer weißen oder schwarzen Kugel.
15. "Königliche privilegierte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen", Berlin 20. 3. 1848.
16. Landesarchiv Berlin, A Rep. 001-02, Nr. 1494.
17. Der Text des Testaments ist abgedruckt in: "Communalblatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin".
18. "Communalblatt der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin" vom 1. 11. 1863.
19. Berliner Leben: 1806 bis 1847. Erinnerungen und Berichte, hg. von Ruth Köhler und Wolfgang Richter, Berlin 1954.
20. ZLB Berlin, Sondersammlung: Das genannte Foto von G. F. Krug ist wie das Frontispiz in mehreren Bibliotheks- und Archivbeständen vorhanden.
21. Geheimes Staatsarchiv PK, Ordenssachen, Rep. 89 H IV.
22. Hermann Gustav Louis Ende (1829-1907) hatte mit W. Bückmann 1859-1895 eines der erfolgreichsten Architektenbüros. Ende war Professor an der Bauakademie und Präsident der Akademie der Künste. Er baute die Villa von der Heydt, Tiergarten, Antilopenhaus, Elefantenhaus und Festsaal im Zoologischen Garten Berlin.
23. Partikulier, d.i. selbstfahrender Schiffseigentümer in der Binnenschiffahrt.
24. Im Verwaltungsbericht des Magistrats zu Berlin für das Etatjahr 1906 ist der Text wiedergegeben.
25. "Vossische Zeitung" vom 30. Oktober 1888.
26. Das Foto zeigt den gegenwärtigen Zustand des Erbbegräbnisses. Hier ruhen (vom Betrachter aus von links gesehen) die Eltern der ersten Ehefrau, Georg Friedrich Krug, sein Vater, seine erste, daneben die zweite Ehefrau.
27. August von Simson war der älteste Sohn Eduard von Simsons (1810-1899), Professor für römisches und preußisches Recht, Präsident der Frankfurter Nationalversammlung, Chef des Appellationsgerichtes, Präsident des Reichsgerichts u.a.m. Die Tochter des Predigers Jonas an der Nikolaikirche, Beate, wurde die Ehefrau August von Simsons. Sie schrieb ihre Lebenserinnerungen unter dem Titel "Aus der Jugendzeit".
28. Landesarchiv Berlin, Pr.Br. Rep.30.
29. Zentralarchiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.
30. Auch hier in der SAPMO (Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv) gibt es einen Kleinbestand über die höhere Polizeischule und im Bildarchiv Fotos von den umfangreichen Modernisierungs- und Rekonstruktionsarbeiten 1985 bis 1989. Die Kosten betrugen rund neun Millionen Mark der DDR: Ausbau der Dachgeschosse und der Etagen, neue Elektro- Sanitär- und Heizungsinstallation, Schornsteinneubau, Erweiterung der Küchenkapazität, Bau eines Internatsgebäudes, Umbau der Busgarage zum Heizhaus, Bau eines Tiefkühlhauses, eines Fettabscheiders u.a.m.
Aus: "Mitteilungen" 1/2004