Cécile Lowenthal-Hensel (1923 - 2012)

Cécile Lowenthal-Hensel wurde am 3. Oktober 1923 in Erlangen als Tochter des Philosophen Paul Hensel geboren. Der Vater war Enkel des Malers Wilhelm Hensel und seiner Ehefrau Fanny Hensel und damit auch Nachkomme des Philosophen Moses Mendelssohn. Wegen ihrer jüdischen Vorfahren musste Cécile am 9. November 1938 das Erlanger humanistische Gymnasium verlassen und konnte später nur mit gefälschten Papieren als Gasthörerin Universitätskurse besuchen. Sie studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Anglistik und war danach als Journalistin tätig. Bei Verhandlungen wegen der Übernahme des Mendelssohn-Archivs wurde ihr 1965 eine Stellung im Preußischen Geheimen Staatsarchiv angeboten. Sie wirkte dort bis 1980 als Wissenschaftliche Oberrätin, zeichnete sich als Mitherausgeberin der „Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz" aus und verfasste mehrere Kataloge zu Ausstellungen im Geheimen Staatsarchiv.

Bei Gründung der Mendelssohn-Gesellschaft e. V. 1967 wählte man Cécile Hensel zur Vorsitzenden. Sie heiratete 1969 den Publizisten Dr. Ernst G. Lowenthal, der als Jude 1939 Berlin verlassen und zwanzig Angehörige im Holocaust verloren hatte. Die Eheleute erklärten 1970 ihren Beitritt zum Verein für die Geschichte Berlins, Dr. Lowenthal blieb bis zu seinem Tode 1994 Mitglied und wurde von Dr. Jürgen Wetzel in einem Nachruf gewürdigt (Mitteilungen 4/1994, S. 323). Cécile Lowenthal-Hensel erhielt wegen ihrer Verdienste zur Gründung der Mendelssohn-Gesellschaft und der Förderung des der Musikabteilung der Staatsbibliothek angegliederten Mendelssohn-Archivs 2000 den Max-Herrmann-Preis. Er wird seit dem Jahre 2000 an Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderer Weise um das Bibliothekswesen und die Staatsbibliothek verdient machten.
2004 erschien von ihr das in Zusammenarbeit mit Jutta Arnold verfasste Buch über den Maler Wilhelm Hensel. Ein Jahr später folgten unter dem Titel „Europa im Porträt" die zusammen mit Sigrid Gräfin von Strachwitz erstellten zwei Bände zu den Zeichnungen von Wilhelm Hensel.
Ende 2008 verließ Cécile Lowenthal-Hensel den Verein für die Geschichte Berlins. Sie starb am 21. Januar 2012 in Potsdam. Der Vorstand der Mendelssohn-Gesellschaft würdigte sie in der Traueranzeige mit den Sätzen: „Sie hat als Urenkelin der Komponistin Fanny Hensel die NS-Zeit überlebt und die Geschichte der Nachkommen Moses Mendelssohns weitergegeben. Die Mendelssohn-Gesellschaft verliert ihre Ehrenvorsitzende und Gründerin. Berlin und die Mendelssohn-Familie verlieren eine humorvolle und streitbare Pionierin der Erinnerung. Wir vergessen sie nicht." Der Verein für die Geschichte Berlins und die Mendelsohn-Gesellschaft sind durch gegenseitige Mitgliedschaft freundschaftlich verbunden.

Martin Mende