Alois Riedler (1850-1936)

Maschinenbaukonstrukteur und „starker Mann" der TH Berlin - heute fast vergessen

alois-riedlerVor 75 Jahren, am 25. Oktober 1936, starb in Sömmering bei Wien der Geheime Regierungsrat Alois Riedler. In Berlin, seinem einstigen Wirkungsort, erschienen wenige Nachrufe. Nur die ältere Generation erinnerte sich noch seiner. So schrieb der Technikhistoriker Conrad Matschoss einen Nekrolog.

Abbildung links: Porträt von Alois Riedler © H.C.Förster

Riedler, am 15.05.1850 in Graz geboren, studierte dort Maschinenbau. Er wirkte an der TH Brünn und arbeitete als Maschinenkonstrukteur in Wien. 1880 erfolgt seine Berufung an die TH München, 1884 wechselt er nach Aachen.

Mit Hilfe einflussreicher Kräfte der preußischen Kultusbürokratie erfolgte 1888 seine Berufung an die TH Berlin, wo damals 1/4 aller deutschen Technikstudenten ausgebildet wurden. Für Riedler war das ein Karrieresprung. Mit dieser Professur waren Erwartungen an den energischen Riedler verbunden. Er sollte die Maschinenbaulehre „praxiswirksamer" gestalten und vom „theoretischen Ballast" befreien.

Die TH sollte direkt mit der Industrie kooperieren. Riedler nahm den Auftrag an und setzte ihn kämpferisch um. Als Hauptgegner machte er den Nestor der Maschinenbaulehre und Autor der „Kinematik", Franz Reuleaux, aus.

Riedler lehnte dessen Mathematisierung des Fachs als „akademische Spielerei" ab. Stattdessen sollten die Studenten in Maschinenbaulaboratorien praktische Erfahrungen machen. Riedler berief sich auf die Ausbildungspraxis in den USA, die er aus eigener Anschauung von USA-Reisen her kannte.

Dieser „siebenjährige Krieg" zwischen Riedler und Reuleaux endete mit dem Triumph des Österreichers. Reuleaux gab seine Professur auf und resignierte. Riedler hat aber auch Verdienste. Er setzte sich energisch für das Promotionsrecht der THs ein.

Während seiner Rektoratszeit 1899/1900 erfolgte die Gewährung desselben durch Wilhelm II. Außerdem wollte Riedler die Hochschule zum „technisches Leibregiment der Hohenzollern" machen. Die Tätigkeit des Ingenieurs wie des Soldaten waren für Riedler Bestandteil im sozialdarwinistischen „struggel for life".

Der liberale Geist der Berliner TH verflog. Statt dessen erklärte Riedler: „Die Lehrfreiheit wird im neuen Jahrhundert beschränkt werden in dem Sinne, dass künftig kein Raum bleiben wird für bloße Meinungen, sondern nur für wissenschaftliche Tatsachen, das ist eine Beschränkung, auf die wir stolz sind!" Eine „wissenschaftliche Tatsache" - das war Deutschlands Kampf um einen „Platz an der Sonne".
Um 1900 stand Riedler auf dem Höhepunkt seines Einflusses. Eine von ihm initiierte weitere Neuerung war die Einführung des Maschinenlaboratoriums.

Dessen Gebäude ist auf dem TU-Campus noch zu sehen. Es ist ein karker Backsteinbau - nur mäßig ornamentiert. Das Wenige wurde nachträglich angebracht. Alle Finanzmittel flossen in die Anschaffung des Maschinenparks. Für Verschönerung am Bau war keine Geld mehr da.

Dennoch gibt es unweit davon eine besondere Form von „Kunst am Bau". Es ist ein Arkadenfragment, das heute hinter Bäume und Sträuchern verdeckt ist. Diese Gang hat besonderen Wert. Er stammt aus der alten Borsigschen Fabrik in der Chausseestraße. Als um 1900 der Bau abgerissen wurde, kam das Fragment nach Charlottenburg. So ist es quasi ein letzter Gruß des Geheimen Regierungsrates.

(Hans Christian Förster, September 2011)