Amalie Wolff (1780-1851): Von Weimar nach Berlin
(Dreifaltigkeitsfriedhof II, Kreuzberg, Bergmannstraße, 39-41, Feld D, G3)

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Acht Jahre war Amalie alt, als sie das erste Mal auf einer Bühne stand. Das war in Weimar, wo ihre Eltern Schauspieler am Hoftheater waren. Die berühmte Schauspielerin Corona Schröter unterrichtete sie und Goethe, der Theaterdirektor, nahm sich ihrer besonders an. Als 1799 in Weimar Schillers Wallenstein uraufgeführt werden sollte, kamen Goethe und Schiller auf die Idee, sie als Herzogin von Friedland (Wallensteins Gemahlin) zu besetzen. Sie war bis dahin nur in Lust- und Singspielen aufgetreten, und niemand hatte ihr ein Talent für das Tragische zugetraut. Es wurde eine denkwürdige Aufführung -  für Amalie wie für Schiller, der so begeistert war, dass er sich im zweiten Akt unter Wallensteins Gäste mischte und einige Flaschen Champagner auf die Bühne schmuggelte. Der Akt konnte nur mit Mühe zu Ende gespielt werden, da einige Darsteller zu schnell und zu viel getrunken hatten.

Auch in anderen tragischen Rollen hatte Amalie großen Erfolg: Schiller besetzte sie als Braut von Messina und Jungfrau von Orleans. 1804 heiratete sie Goethes Lieblingsschüler, den Schauspieler Pius Alexander Wolff, und führte mit ihm eine ideale Künstlerehe. Die Wolffs gehörten neben der Schröter und Caroline Jagemann zu den führenden Repräsentanten der Weimarer Schule der Schauspielkunst. Im Kampf gegen den „Naturalismus“ der volkstümlichen Schauspielkunst vereint, legten Goethe und Schiller allergrößten Wert auf eine durch Rhythmus und Reim gesteigerte Bühnensprache, die den Schauspielern oft große Schwierigkeiten bereitete. Aber auch in Weimar musste man Konzessionen an den Publikumsgeschmack machen. Weder Goethe noch Schiller, sondern August von Kotzebue war der am meisten gespielte Dramatiker.

Als Goethe Pius Alexander Wolff nicht zum Regisseur ernennen wollte, verließen die Wolffs Weimar und gingen (1816) nach Berlin. Carl Reichsgraf von Brühl, Ifflands Nachfolger im Amt des Generalintendanten, war ein Anhänger Goethes und wollte durch das Engagement der Wolffs Weimarer Schauspielkunst nach Berlin holen. Allerdings war Goethe über die Abwerbung seiner Lieblingsschauspieler alles andere als erfreut.

Das Ehepaar hatte anfangs einen schweren Stand in Berlin, denn das Ensemble und auch das Publikum waren von Ifflands realistischem Stil geprägt, und man vermisste in ihrem Spiel Lebendigkeit und Natürlichkeit. Aber schließlich gelang es ihnen doch, das Publikum für sich zu gewinnen und, was die gehobene Bühnensprache anbelangte, Maßstäbe zu setzen. Als am 26. Mai 1821 am Gendarmenmarkt das neue Schauspielhaus, Schinkels geniale Schöpfung, mit Goethes Iphigenie eingeweiht wurde, beeindruckte Amalie wie einst in Weimar als Iphigenie und Pius Alexander in der Rolle des Orest.

Leider erkrankte Wolff nach wenigen Berliner Jahren. Eine Halskrankheit verdammte ihn fast ein Jahr lang zum Schweigen. Der König gewährte ihm zwar mehrere Kuraufenthalte in Frankreich, die aber wenig nutzten. Einen letzten Kur-Versuch unternahm er 1828. Als er sein nahes Ende fühlte, versuchte er noch nach Berlin zu kommen, schaffte es jedoch nur bis Weimar. Hier starb er am 28. August 1828 im Alter von 46 Jahren. Amalie, die ihn begleitet hatte, kehrte als Witwe zurück. Sie blieb dem Berliner Theater weitere sechzehn Jahre verbunden, bis ihr ein Augenleiden jedes weitere Auftreten unmöglich machte.

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Ihr Grab war lange Zeit verwahrlost, inzwischen konnte es mit Spendengeldern restauriert werden und erstrahlt nun wieder im einstigen Glanz Text: Gerold Ducke; Fotos: Erika Babatz

Auszug aus ihrem Vortrag „Friedhof der Schauspieler, Zweiter Akt“, gehalten Im Rahmen der Vortragsreihe des Vereins für die Geschichte Berlins am 16. September 2015.