Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass der beschriebene Teller 1919 für den Haushalt des Ex-Kaisers bestellt wurde. Bis zum Mai 1920 hielt sich Wilhelm II. als Gast auf Schloss Amerongen auf, erst dann war das in 1919 erworbene Anwesen in Doorn nach einem Umbau fertig. Die Hohenzollern gehörten zu den reichsten europäischen Dynastien und waren auch nach der Revolution nicht so verarmt, dass ein Mangel an Haushaltsgeschirr denkbar wäre. Für die Einrichtung von Doorn kamen Waggonladungen wertvoller Besitztümer aus den früheren Liegenschaften der Familie, so auch Bestecke, Porzellane und Gläser. Es dürfte eher ein Überangebot für den verkleinerten Hof vorgelegen haben.
Es ist auch schwer vorstellbar, dass Wilhelm II. in einer Zeit Geschirr bei der KPM in Auftrag gibt, in der immer noch die Drohung im Raum stand, die Artikel 227 bis 230 des Versailler Vertrages durchzusetzen, wonach ca. 900 führende Persönlichkeiten des kaiserlichen Deutschland an die Siegermächte ausgeliefert werden sollten. Die Allierten verzichteten schließlich auf ihre Forderung.
Sofern das verschlungene Monogramm "WR" nicht den Zusatz "II." enthält, sollte man auch mit der Zuschreibung für Wilhelm II. vorsichtig sein.
Da hat sich der Opa offenbar eine hübsche Geschichte für seinen Enkel ausgedacht.