Willkommen, Gast
Benutzername: Passwort: Angemeldet bleiben:
Allgemeine Fragen zur Geschichte Berlins

THEMA:

Re: Autor/Autorin "Fr. Balcke" 26 Feb 2011 14:20 #1298726450

  • Wolfgang Hoffmann
  • Wolfgang Hoffmanns Avatar Autor
Sehr geehrter Herr Goerdten, mit Ihrer ausführlichen Antwort haben Sie unserer Familie eine Freude gemacht. Dafür herzlichen Dank! Das betreffende Buch stammt aus dem Nachlass einer lieben Verwandten, die es zu einer Zeit erwarb, als es recht gefährlich war, Geist und Leben an christlichen Werten auszurichten. Durch Ihre Hinweise (Gott segne das evangelische Pfarrhaus!) haben Sie nicht nur einer offenbar liebenswürdigen Autorin und ihrem Werk, sondern auch einem bescheidenen kleinen Familienschatz ein "Gesicht" gegeben. Wegen der erwähnten Fotos und des Literaturverzeichnisses können wir uns ggf. noch per E-Mail ins Benehmen setzen.

Sehr geehrter Herr Mende, auch Ihnen gebührt herzlicher Dank. Zuverlässig und kompetent, wie man Sie als Leser des "Forums" schon kennt, haben Sie wertvolle weitere Rechercheansätze geliefert. "Lene geht ihren Weg" ist sicherlich kein Werk von weltliterarischem Rang, aber es dokumentiert doch mit beachtlicher Qualität das Denken und Trachten von Menschen einer wichtigen Epoche meiner Geburtsstadt Berlin, in die ich mit meinen Eltern nach kriegsbedingter "Evakuierung" leider nicht zurückkehren durfte. Mit Fragen zu dieser Seite unserer Familiengeschichte werde ich mich zu gegebener Zeit erneut ans "Forum" wenden.

Mit freundlichen Grüßen an beide Herren
Wolfgang Hoffmann
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Re: Autor/Autorin "Fr. Balcke" 23 Feb 2011 18:03 #1298480581

  • Martin Mende
  • Martin Mendes Avatar Autor
Im Berliner Adressbuch 1935 findet man folgende Eintragung:
"Frida Balcke, Lehrerin, SW 48, Wilhelmstraße 7". Der Postbezirk SW 48 lag seinerzeit in der unteren Friedrichstadt um die Friedrichstraße. Die Wilhelmstraße gibt es noch heute. Es ist möglich, dass die Autorin autobiografische Elemente verarbeitet hat. Im "Evangelischen Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg" von 1941 ist allerdings nur ein lediger Pfarrer Arthur Balcke genannt, der aber nicht in Berlin tätig war und 1931 in Neuwedell Kreis Arnswalde seine Tätigkeit beendete.
Vielleicht ist die Autorin identisch mit der im Internet genannten Gesangslehrerin Frida Balcke. Frida Balcke ist dort auch als Verfasserin von Märchen und Märchennovellen aufgeführt, veröffentlicht 1925.

Re: Autor/Autorin "Fr. Balcke" 22 Feb 2011 22:47 #1298411266

  • Ulrich Goerdten
  • Ulrich Goerdtens Avatar Autor
Lieber Herr Hoffmann, "Fr. Balcke" ist kein Pseudonym, sondern der verkürzte Name von Frida Balcke. Ich habe sie als Junge am Ende des zweiten Weltkrieges kennengelernt, als sie in den kleinen Ort Teuchern, südlich von Leipzig, aus Berlin "evakuiert" war. Sie lebte mit ihrer Schwester, Renate Süß, einer Porzellanmalerin, zunächst zusammen und zog dann zu uns ins evangelische Pfarrhaus. Das ergab sich ganz organisch, weil Frida Balcke (Wir nannten sie "Tante Friedchen") sich als Organistin und Leiterin des Kirchenchores im kirchlichen Leben Teucherns betätigte. Nach Kriegsende ging sie wieder nach Berlin zurück und wirkte als Lehrerin und Schulleiterin im Norden Berlins. Ich habe sie Mitte der 50er Jahre öfters in ihrem Haus in der Rödernalle in Wittenau besucht, wo sie wieder mit ihrer Schwester zusammen wohnte. In den 60er Jahren ist sie mit Renate Süß nach Königstein im Taunus gezogen, wo sie in einem Altenheim der Brüdergemeine, zu der sie gehörte, bis zu ihrem Ende untergekommen ist. Das Todesdatum weiß ich nicht, weil der Kontakt dann abbrach.
Die wenigen Materialien zu Frida Balcke, die sich bei mir erhalten hatten, habe ich mit Hinweis auf ihre schriftstellerischen Betätigungen ("Lene geht ihren Weg" usw.) an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach geschickt. Darunter befand sich auch ein ausführlicher Lebenslauf. Ich besitze auch noch einige Fotos von ihr und dem Kirchenchor Teuchern. Ein Verzeichnis ihrer Schriften habe ich damals, als ich die Sachen nach Marbach geschickt habe, auch gemacht und würde es, wenn Sie es haben möchten, wohl noch irgendwo finden.
Freundliche Grüße
Ulrich Goerdten

Autor/Autorin "Fr. Balcke" 22 Feb 2011 13:03 #1298376180

  • Wolfgang Hoffmann
  • Wolfgang Hoffmanns Avatar Autor
Unter dem Titel "Lene geht ihren Weg" erschien 1935 in der Verlagsbuchhandlung Hellmuth Wollermann (Braunschweig) ein interessanter kleiner Entwicklungsroman von "Fr. Balcke", der immer noch in Antiquariaten zu haben ist. Wegen der Nennung von Örtlichkeiten und einiger authentischer Dialektpassagen spielt er eindeutig in Berlin. Geschildert wird der Aufstieg eines – wie es mehrfach heißt – "Proletarierkindes" zur Lehrerin und Pfarrersgattin in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg bis zur Revolution und einige Jahre danach. Antworten auf Existenzfragen ergeben sich aus protestantischer Ethik, ohne aufdringlich traktathaft zu sein. Unverkennbar sind Erfahrungen aus dem Schul- und evangelischen Pfarrhausmilieu der Kaiserzeit verarbeitet. Das Erscheinungsjahr 1935 legt nahe, daß der Autor/die Autorin ein Pseudonym wählte. Möglicherweise stammt die betreffende Person aus dem Umfeld des Herausgebers Hellmuth Wollermann (1854 – 1938) und seines Schwiegersohns Heinrich Bodenstab (1880 – 1966), die als tragende Kräfte der Bekennenden Kirche und des Pfarrernotbundes aktenkundig sind. Ihre Buchhandlung am Braunschweiger Bohlweg war in der NS-Zeit u. a. mit dem Verkaufsverbot christlicher Literatur belegt. Aber nicht um die Letztgenannten geht es, sondern um Persönlichkeit und Lebensweg von "Fr. Balcke". Wer kann mit Auskünften helfen?