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Allgemeine Fragen zur Geschichte Berlins

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Re: Fanfreundschaft Hertha BSC/ 1.FC Union 10 Mai 2013 10:14 #1368173679

  • Andreas Drüke
  • Andreas Drükes Avatar Autor
Als selbiges Mitglied in oben genannter Gruppe kann ich nur sagen: Jut jeschrieben, wa? Und es ist als Exil-Spandauer schon interessant aus der "Ferne" zu sehen was & wie sich alles in meiner Geburtsstadt so entwickelt. Gruss aus Karlsruhe

Fanfreundschaft Hertha BSC/ 1.FC Union 07 Feb 2013 08:27 #1360222039

  • Ralf Dose
  • Ralf Doses Avatar Autor
Da es ja auch irgendwo zur (jüngeren) Geschichte der Stadt gehört...

Berlin, am 11.Februar 2013
Betr.: „Derby in Berlin zwischen Hertha BSC und dem 1.FC Union“

Zunächst etwas Grundsätzliches zur Geschichte:
Erste Kontakte zwischen Fans beider Vereine gab es mindestens seit den frühen Siebzigern. Höhepunkte waren sicherlich, als beim UEFA-Pokal-Viertelfinale Dukla Prag - Hertha BSC im März 1979 etwa die Hälfte der rund 30.000 Zuschauer in Prag die Hertha anfeuerten, wobei davon ein Großteil eben aus der DDR und Ost-Berlin stammte. Die Anreise mit dem Zug führte die Hertha-Fans aus dem Westteil der Stadt über den Bahnhof Schönefeld, wo sich Hunderte von Union-Fans mit in den Zug begaben.
Ein weiterer Glanzpunkt bildeten die Partien der Hertha gegen Dynamo Dresden. Im April 1978 bewegten sich hunderte von Trabbis Richtung Sachsen, wobei die sogennten „Ost-Fans“ aber keinen Einlaß ins Stadion bekamen, sich aber umso mehr in der Stadt mit den sogenannten „West-Fans“ verbrüderten. (Anmerkung: Man könnte genauso gut oder schlecht sagen, daß Hertha ein Nord- und Union ein Süd-Berliner Verein ist, wobei Oberschöneweide, 1906 noch gar nicht zu Berlin gehörte) Beim Rückspiel im Olympiastadion im Mai 1979 schallte es tausendfach „Eisern Union!“ durch das Stadion, was dankenswerterweise von SFB „nach drüben“ übertragen wurde. In den Achtzigern war es üblich, daß immer wieder ein lautes „Ha-Ho-He Hertha BSC“ in der Alten Fösterei erklang, während es im Olympiastadion „Eisern Union“ hieß und Dutzende von rot-weißen Union-Transparenten die Stadion bei den Spielen der Hertha schmückten! Es gab eine ganze Reihe von gemeinsamen Gesängen, Freundschaftsaufnähern und vieles mehr. Beispielsweise hieß es: „Es gibt nur zwei Meister an der Spree - Union und Hertha BSC!“, „Hertha und Union - Eine Nation!“, „Trotz Mauer, StaSi, Stacheldraht - Gemeinsam sind wir ewig stark!“, „Wir halten zusammen, wie der Wind und das Meer, die blau-weiße Hertha und der FC Union!“ oder ebenso schlicht, wie treffend „Eisern Berlin!“. „Ossis“ waren für uns damals noch Ostfriesen oder Osnabrücker! Bei Spielen im sogenannten „Stadion der Weltjugend“, wie auch bei den Derbys Unions gegen den verhaßten „anderen Club aus der Hauptstadt im Jahn-Sportpark, dessen Namen ich nicht erwähnen will“, schallte „Die Mauer muss weg!“ ebenso über die Grenzanlagen, wie es umgekehrt geschah, als Hertha Ende der 80er im Poststadion spielte und viele Fans mit der U/ S-Bahn über die Friedrichstraße umsteigen. Sicherlich hundertfach in den unterlagen des MfS nachlesbar. Irgendwer muß auch das Transparent des damaligen Hertha- und Union-Fanclubs E.B.B.S. 1984 in den zugemauerten S-Bahn-Schächten gefunden haben, was dort immer bei der Durchfahrt aus der S-Bahn hinaus gehalten wurde, es aber eines Tages irgendwie an einem Pfeiler oder Rohr hängen blieb und weg war eines war eben nicht weg, diese Freundschaft und Verbundenheit!!!

Es gibt nun eine fb-Gruppe „Hertha und Union Fanfrerundschaft“:
Unser Motto lautet: „In der Farbe getrennt - In der Sache vereint!“
Es gibt hierzu außerdem ein neues Video auf youtube, unter www.youtube.com/watch?v=WDM55B7e0AA oder unter dem Titel „Hertha und Union“ des Users Lemmi1978 zu finden. Wir haben also jetzt eine eigene Hymne!!!
Die facebook-Gruppe auf die sich unsere Initiative hauptsächlich stützt, ist seit etwa sieben Monaten aktiv. Der Mitgliederstand beläuft sich mit Stand von heute, 10.00 Uhr auf 289 Mitglieder, ständig wachsend! Wobei es uns wichtig ist, daß dort Leute sind, die hinter der Sache stehen oder es zumindest akzeptieren oder sich dafür interessieren und sie müssen freiwillig in die Gruppe kommen oder auf Wunsch zugefügt werden.
Zu unseren Aktivätäten und Plänen zählen, u.a. der Aufbau eines offiziellen, eingetragenen Freundschaftsfanclubs für beide Clubs, das Anfertigen von Fanartikeln und Transparenten, Aufklebern und Flugblättern, es läuft seit drei Spieltagen eine 2.Liga-Tipprunde, wir planen ein Fußball-Turnier mit anderen Fanclubs, gemeinsame Freizeitaktivitäten, wie Grillen, Fahrradtouren, Bowling, Minigolf oder Kubb usw., sowie natürlich Informations- und Gedankenaustausch und nicht zuletzt gemeinsame Spielbesuche. Hier konnten wir sogar Fans anderer Vereine mit ins Boot holen, z.Bsp. von Kickers Offenbach oder Rapid Wien. Bei den Heimspielen sind die viele von uns im Sektor 3 bei Union, bzw. (zumindest beim Derby, sonst u.a. in der Ostkurve) im Block N1 bei Hertha anzutreffen.

Zur aktuellen Situation:
Unser Treffpunkt für das Derby am 11.Februar 2013 steht felsenfest: Ab 17.30 Uhr an der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz in Berlin. Jeder, der will, kann dort gerne vorbeischauen! Was uns NICHT gefällt ist, daß es, meist junge, Fans beider Vereine gibt, die künstlich aber gewollt eine Art Haßliebe zwischen beiden Fanlagern schüren oder einen Keil zwischen dieses einst so starke Band treiben. Hier werden Gesänge, Schalchtrufe, Aufkleber, Transparente, Aufrufe zu Aktionen usw. gestartet, die einfach nur kindisch und lächerlich rüberkommen, um das mal ganz klar auszudrücken und das gilt an BEIDE Fanlager. War es früher noch halbwegs „Spaß“, wenn in der Alten Försterei die Hertha-Hymne „Nur nach Hause...“ in „Nur zu Hertha jeh‘n wa nich“ umgetextet wurde oder schlichtweg organisatorisch begründet, wenn Hertha-Fans nicht mehr so oft bei Union auftauchten, so ist, daß was da heute abgeht aus unserer Sicht einfach beschämend und dumm. Hier solte es auch mal ein deutliches Zeichen von beiden Clubs in der Öffentlichkeit gegen. Unser Ziel ist es über die alten Geschichten aufzuklären, sie am Leben zu erhalten und nicht zu vergessen. Und wieder dafür zu sorgen, daß es zumindest ein friedliches Miteinander geben kann, wo jede Seite die andere akzeptiert, anstatt „Scheiß Union“ oder „Scheiß Hertha“ zu rufen! Wir wollen ein Zeichen setzen, daß es auch anders geht!
Das „Soziale“ innerhalb der Gruppe, die tatsächlich zu beinahe 50:50 aus Fans beider Vereine besteht, kommt dabei aber auch nicht zu kurz.

Mit freundlichen Grüßen und herzlichem Dank für Ihr Interesse!
i.A. Pressesprecher Ralf Dose
Initiative „Hertha und Union Fanfreundschaft“

Kurz zu mir: Ich bin 1968 geboren, in Südende (Bezirk Steglitz) aufgewachsen, habe mein erstes Hertha-Spiel ausgerechnet mit einer 0:6-Heimpleite gegen den HSV im April 1980 erlebt und mein erstes Union-Spiel im April 1985, gegen Chemie Buna Schkopau. Am 9.9.1984 gründete ich, zusammen mit nur drei anderen Südendern den Fanclub Eisern Berlin/ Bahnhof Südende, der ausdrücklich ein Freundschaftsfanclub von Hertha und Union war und bis 1988 immerhin auf 86 Mitglieder anwuchs. 1988 bekam ich schließlich „Einreiseverbot“ in die DDR, so daß ich ein gutes Jahr lang Zwangspause einlegen mußte, was den Besuch von Union-Spielen anging. Allerdings hab ich es der StaSi zurückgezahlt, da ich am 9.11.1989 der ERSTE war, der am Brandenburger Tor auf der Mauer stand und dann gemeinsam mit zwei Dutzend mir fremden Menschen den Grenzübergang in der Invalidenstraße von der West-Seite aus stürmte. Ich hatte zudem Glück, daß ich kein „Transitverbot“ hatte und auch hielt ich den Kontakt nach drüben zu gut es ging per Telefon oder Post aufrecht. Zu der facebook-Gruppe stieß ich erst im Dezember 2012, also ich habe sie NICHT gegründet und leite sie AUCH nicht, bin nur der Pressesprecher und bin stolz darauf, dazu zu gehören und nebenbei erwähnt, beide Vereinsembleme auf meinen Armen tätowiert zu haben!

Ick hätt abschließend noch ne kleene Anekdote zur Freundschaft:
Es war der 28.Mai 1988. Ein Teil unseres Fanclubs fuhr nach Chemnitz (damals „Körl-Mörx-Stödt“), um Union im Abstiegskampf zu unterstützen.
Der andere Teil befand sich im Fanblock des VfL Bochum, anläßlich des DFB-Pokal-Finales gegen Eintracht Frankfurt.
Als dann in Sachsen in der Nachspielzeit das rettende 3:2 für Union fiel, schrie unser René (er starb 1989) mit seinem kleinen Radio in der Hand und bis dahin völlig frustrierten und vor sich hin fluchenden Menschen um sich herum, plötzlich „Tooor!“ und etwa 15 Mann und Frau warfen sich mitten im besagten Bochumer Block übereinander und jubelten, lange bevor das Endspiel überhaupt angepfiffen wurde. Die Blicke der Bochumer...!!!

Naja, lange her... seufz!