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II - Gewitterhexen in den Jahren 1552 - 1553

Prägende Ereignisse im 16. Jahrhundert
Von Janine Hanitzsch

Am 5. Dezember 1484 verfasst Papst Innozenz VIII. auf Bitte des Dominikaners und Inquisitors Heinrich Kramer (ca. 1430 – 1505) die Bulle „summis desiderantes“, im Volksmund besser unter dem Namen „Hexenbulle“ bekannt. Mittels der Hexenbulle am Anfang vom Malleus Maleficarum legitimierte Heinrich Kramer die Verfolgung der Hexen. Der Glaube an Schadenszauber, der von Hexen ausgeübt wurde, bestand bereits. Der durch Heinrich Kramer im Jahr 1487 erschiene Hexenhammer ist demnach nicht für den Beginn der Hexenverfolgung verantwortlich. Von Anfang an hatte der Hexenhammer durch die Empfehlung eines blutrünstigen Vorgehens bei der Verfolgung von angeblichen Hexen eine erhebliche Anzahl an Kritikern. Ab 1532 wurde die Constitutio Criminalis Carolina in Berlin als Gesetzgebung eingeführt, wie im ganzen Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen.

Umsiedlung der Dominikaner nach Brandenburg
Nach dem Tod von Joachim I. am 11. Juli 1535 tritt sein Sohn Joachim II. das Erbe als neuer Kurfürst der Mark Brandenburg an. Auf der Fischerinsel, in unmittelbarer Nähe zum Schloss, befindet sich das Dominikanerkloster. Nach dem Machtantritt von Joachim  II. beansprucht der Kurfürst das bestehende Kirchengebäude auf der Cölner Seite der Doppelstadt für sich, um diese in seine eigene Domkirche umzuwandeln. Im Jahr 1536 stimmte der Papst der Auflösung des Cölner Dominikanerklosters zu. Fortan lebten die Schwarzen Brüder im Kloster Neustadt in Brandenburg. Die Dominikaner spielten eine wichtige Rolle bei der Hexenverfolgung, schließlich war der Verfasser des „Hexenhammers“ (Malleus Maleficarum) Heinrich Kramer (Institoris) selbst ein Dominikanermönch. Die schwarzen Brüder waren in der Doppelstadt nach Machtantritt Joachim II. nicht mehr vertreten. Könnte dies einer der Gründe sein, warum es in Berlin nur zu wenigen Hexenverfolgungen kam? Ausgeschlossen werden kann diese These nicht, jedoch scheinen noch andere Gründe eine Rolle zu spielen, denn in der gesamten Mark Brandenburg ist es nur zu wenigen Verfolgungen gekommen.

1552/1553 – Zauberweiber in Berlin
Im Berliner Raum entstanden mehrere Sagen über zwei Zauberweiber, die sich um die Mitte des 16. Jahrhunderts zugetragen haben sollen. Kernaussagen der Sagen sind, dass zwei Zauberinnen mittels Wetterzauber die Ernte von Korn und Wein verderben wollen. Ein Wirt, der die beiden über Nacht beherbergte soll den Schadenszauber vereitelt haben, indem er das verzauberte Wasser über beide Zauberinnen auskippte. Die Zauberinnen seien so zu Eis erstarrt. Ein weit verbreiteter Glaube in war, das Hexen, die mit dem Teufel im Bunde sind, den Menschen in ihrer Umgebung mittels Unwettern Schaden zufügen.

Beruht diese Sage mit allen ihren Variationen auf ein bestimmtes historisches Ereignis? In einer Version wird eine vage Datumsangabe überliefert. In der Version aus dem Buch von Siegfried Armin Neumann „Berliner Sagen und Geschichten“ heißt es, „um die Mitte des 16. Jahrhunderts“ konnten die Wetterhexen aufgehalten werden. Ein schweres Unwetter hat sich in Berlin in der Mitte des 16. Jahrhunderts ereignet. Die Spitze, der Turm und die Mauer der Nikolaikirche in Berlin wurden beim Gewitter beschädigt. In einer Regeste vom 15. Juni 1551, die in der Chronik von Pusthius (1699) überliefert wurde, berichtet der Autor von Reparaturarbeiten am Glockenturm der Sankt Nicolaikirche in Berlin.

Wurden die angeblichen Wetterhexen für die schlechte Ernte verantwortlich gemacht, indem man ihnen einen Schadenszauber unterstellte, der das Korn und den Wein verderben sollte? Das heftige Unwetter hat vielleicht nicht nur die Nikolaikirche beschädigt. Bereits ein einziges heftiges Unwetter konnte die gesamte Kornernte gefährden. Absurd scheint die Aussage zu sein, dass die zwei Frauen den Berliner Wein verderben wollten. Weinreben in Berlin? Im cölnischen Stadtbuche vom Jahre 1443 steht geschrieben, dass in Berlin Wein wächst. Darin heißt es weiter, dass jeder Wein, der nicht in Berlin wächst, zu den fremden Weinen gehört. Nach einer Rechnung zählten zu den fremden Weinen sogar die brandenburgischen Weine aus Frankfurt, Guben und Oderberg.

In Berlin soll es im Jahre 1552 zur Hinrichtung einer Zauberin gekommen sein. In der Pusthius Chronik wird über die Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen einer mutmaßlichen Hexe berichtet:  
„A. 1552. Ist eine Zauberin zu Berlin verbrannt, und als das Feuer aufgegangen, ist ein Reiher hereingeflogen, und so lange als man ein Vater unser hat sprechen können, darinnen verblieben, und hernach ein Stück von ihrem Pelze mit sich hinweggeführt. Dies haben etliche 100 Menschen gesehen, und dafür gehalten, daß es der Teufel selbst war.“1

In welcher Art sie Zauberei betrieben haben soll, ob bei ihr ein Hexenmahl oder ein Zauberbuch gefunden wurde und wie der Prozess abgelaufen ist, ist nicht überliefert. Von der Schuld der Hingerichteten waren die Menschen nach diesem Ereignis mit dem Reiher aber sicherlich überzeugt.

Bereits im Jahr 1553 wurde erneut ein Scheiterhaufen für die Verbrennung zweier Frauen errichtet. Während der Folter haben beide gestanden, dass sie ein Kind zerstückelt und gekocht hätten. Beide Frauen haben mit dem gewonnen Zaubermittel das Ziel verfolgt Teuerung im Land zu bewirken. Die Sage mit den vielen Varianten könnte auf dieses Ereignis aus dem Jahre 1553 beruhen. Diese Sage von den zwei Zauberinnen könnte auf den geschilderten Ereignissen entstanden sein, die in den Berliner Chroniken, Denkwürdigkeiten, Gerichtsprotokollen und ähnlichen Quellen noch heute erhalten sind.

Literatur (Auswahl) II:

  • Fidicin, Ernst (1837): Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin Bd.1. Berlin.
  • Fidicin, Ernst (1842): Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin Bd.5.1. Berlin.
  • Meyer, Carl (1884): Der Aberglaube des Mittelalters und der nachfolgenden Jahrhunderte. Basel: Verlag von Felix Schneider.
  • Neumann, Siegfried Armin (2004): Berlin Sagen und Geschichten. Schwerin: Demmler Verlag. S. 19.
  • Schwebel, Oskar (1888): Geschichte der Stadt Berlin. Erster Band. Berlin: Verlag von Brachvogel & Ranst.
  • Petzoldt, Leander (1999): Einführung in die Sagenforschung. Konstanz: Universitätsverlag Konstanz GmbH.
  • Pusthius, Ferdinand (1699): Chronicon Berolinens. In: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins (1870): Band I., Heft IV., Berlin: Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei.